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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,2

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Papst Clemens II. bestätigt in einem Schreiben an Graf Gottfried von Anjou und dessen Gattin Agnes (Goffredo Andegavorum comiti et Agnetae comitissae eius coniugi) das von diesen gegründete Kloster Ste-Trinité in Vendôme (D. Chartres) (monasterium ... apud castrum Vindocinum ad honorem Trinitatis), seine Exemtion (inter ... apostolicae sedis pontificem et ... loci Vindocinensis abbatem omnem ... personam mediam esse ... prohibemus; ... nulli personae, nisi Romano pontifici, liceat potestatem aliquam aut dominationem exercere) gegen einen jährlichen Rekognitionszins von 12 Solidi, die Unterstellung des Klosters St-Sauveur bei Angers (locus s. Salvatoris iuxta civitatem Andegavensem) mit dem Recht, dessen Vorsteher einzusetzen und die freie Wahl des aus der Kongregation – und nur in Notfällen aus Cluny oder Marmoutier (a Cluniaco vel a Maiori Monasterio) – gemäß der Benediktinerregel unter der Zustimmung von drei benachbarten Äbten zu erhebenden Abtes, der vom Bischof von Chartres unentgeltlich und ohne jede rechtliche Unterordnung geweiht werden (consecrationem ... a Carnotensi praesule sine tamen omni subiectione suscipiat) oder die Weihe vom Papst empfangen soll; befreit den Abt von der Verpflichtung, andere als vom Papst berufene Konzilien zu besuchen, und verleiht ihm das Recht der Romappellation; konfirmiert alle Schenkungen und den gesamten Besitz, insbesondere namentlich genannte Güter bei Vendôme, in den Bistümern Le Mans, Angers, Poitiers und Saintes (in episcopatu Cenomanensi ... Andegavensi ... Pictaviensi ... Sanctonico); erklärt sich selbst zur einzigen Rechtsinstanz für das Kloster, ohne deren Zustimmung keine Maßnahmen Rechtskraft erlangen (quidquid sine nostro ... iudicium ... districtum fuerit, irritum erit), während Streitigkeiten zwischen dem Abt und dem Grafen von Vendôme allein vor dem Abt verhandelt werden dürfen; verleiht dem Grafen von Anjou die Vogtei mit der Auflage, sich nicht in die Angelegenheiten des Klosters einzumischen und nichts zu beanspruchen; verweist auf das Schreiben des Bischofs Dietrich von Chartres (Theodericus ... Carnotensis ... episcopus ... transmiserit epistolam) (n. †339), auf dessen Anregung hin vorliegendes Privileg ausgestellt wird, und erlässt schließlich ein Perturbationsverbot.

Originaldatierung:
Dat. V kal. Julii pm. Petri diac. bibl. et canc. AS Romanae, a. d. Clementis II papae I, ind. XV.
Incipit:
Quotiens filii sanctae ecclesiae omnipotenti ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: – . Kop.: 1) 13./14. Jh., Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 11834 fol. 40 (fragm.); 2) 1673, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 12700 fol. 184v (fragm.); 3) 1673, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 12700 fol. 225 (fragm.); 4) 1680, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 12780 fol. 234v; 5) 1699, Paris, Bibl. nat., Ms. nouv. acq. franç. 20225 (olim: Ms. Phillipps 25058) fol. 214; 6) 17. Jh., Paris, Bibl. nat., Ms. nouv. acq. lat. 2415 (olim: Ms. Phillipps 4264) fol. 2; 7) 17. Jh., Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 5419 p. 147; 8) 16. Jh., Vendôme, Bibl. mun., Ms. 273 fol. 3 (Regest); 9) 1643, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 13820 fol. 301 (Regest); 10) 1643, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 13820 fol. 325v (Regest); 11) 1643, Paris, Bibl. nat., Ms. lat. 13820 fol. 353 (Regest); 12) 1682, Paris, Bibl. nat., Coll. Baluze 139 fol. 254 (Regest). Erw.: 11. Jh., Paris, Bibl. nat., Ms. nouv. acq. lat. 1935 (olim: Ms. Phillipps 2970) fol. 1 n. 5 (Urkundenverzeichnis); Gefälschte Urkunde Nikolaus' II. (1061 April 27) (JL 4458) (Migne, PL 143, 1352); gefälschte Urkunde Alexanders II. (1063 Mai 8) (JL 4512) (Migne, PL 146, 1291); gefälschte Urkunde Gregors VII. (1076 April) (JL 4992) (Migne, PL 148, 729). Drucke: Ivo von Chartres, Opera omnia II/2 (Paris 1647) 244 (Migne, PL 162, 483); Launoy, Inquisitio in chartam fundationis 94; Gall. chr. VIII Instr. 415; Launoy, Opera omnia III/1 346; Métais, Cartulaire de la Trinité de Vendôme I 139; Migne, PL 142, 584; Gresser, Clemens II. 175 (fragm.). Reg.: Bréquigny, Table chronologique II 38; J 3152; Meinert, Fälschungen Gottfrieds von Vendôme 325 n. 76; Santifaller, Elenco 350 (als JL †4147); Santifaller, LD 121 (als JL †4147); vgl. Pfaff, Liber Censuum 237 n. 506; JL 4147. Lit.: Höfler, Deutsche Päpste I 261; Compain, Étude sur Geoffroy de Vendôme 154ff., 232f.; Fabre, Liber censuum 66; Halphen, Étude critique sur les chartes de la Trinité de Vendôme 76ff., 97f.; Métais, L'authenticité des chartes et bulles de l'abbaye de la Trinité de Vendôme 29ff.; Halphen, Chartes de fondation de la Trinité de Vendôme 401ff.; Mann, Popes V 278f.; Meinert, Fälschungen Gottfrieds von Vendôme 261ff., 311, 316ff.; Kehr, Vier Kapitel 52 (ND Ders., Ausgewählte Schriften 1246); Santifaller, Neugestaltung 37; Santifaller, Elenco 146; Reitzenstein, Papst Clemens II. 12; Van De Kieft, Une église privée de l'abbaye de la Trinité de Vendôme 160; Guillot, Comte d'Anjou II 286; Johnson, Prayer 113; Lohrmann, Kirchengut 79; Gresser, Clemens II. 104.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. Ramackers, PUU in Frankreich NF VI 39, 41f. und Meinert, Fälschungen Gottfrieds von Vendôme 234. Das bis auf die Formulierung canc. apostolicae sedis Romanae (sonst im Pontifikat Clemens' II.: canc. s. apostolicae sedis) kanzleigemäße Eschatokoll überliefert das Datum in zwei Versionen; die älteren Drucke datieren mit dem größten Teil der Handschriften auf den ersten Juli, Métais ediert das Datum 27. Juni nach den Handschriften 1, 2, 9. Die Frage, ob aus dem Datum kalendas auf dem Weg der Zufügung (als Lesefehler aus DatVm) oder aus Datum V. kalendas durch Auslassung der Zahl die falsche Version entstand, ist nicht zu entscheiden. Mit der jüngsten eigenständigen Edition (von Métais) wird hier auf den 27. Juni datiert. Da die Empfänger der Urkunde, Graf Gottfried und Gräfin Agnes von Anjou, zur fraglichen Zeit jedenfalls im Gefolge Heinrichs III. zur Kaiserkrönung in Italien waren und auch in Kontakt zu Clemens II. standen, ist es durchaus möglich, dass der Papst ein Schreiben zugunsten des 1040 gegründeten Klosters ausstellen ließ. Die Grafen – zumindest Gräfin Agnes – pilgerten nach der Kaiserkrönung auf den Monte Gargano, und es ist durchaus denkbar, dass die beiden Anfang Juni vor der größten Hitze Süd und Mittelitalien wieder verließen und damals ein Privileg erhielten. Die überlieferte Urkunde weist im Stil keine kurialen Merkmale auf, sondern teils wörtliche Übereinstimmungen mit den gefälschten Gründungsprivilegien und dem gefälschten Brief Bischof Dietrichs (vgl. n. †339). Inhaltlich werden Besitzungen bestätigt, welche nachweislich erst nach 1050 an das Kloster gekommen sein können, die Aussagen zur Vogtei und die Exemtion sind anachronistisch. Die Fragen der Unterstellung unter den Bischof von Chartres und der Befreiung von der Teilnahme an Konzilien wurde erst im Abbiat Gottfrieds (1093-1132) akut. Der Abt erwähnt in seinem Brief I 29 (Migne, PL 157, 69) (vor 1130) die Konzilsbefreiung durch die Päpste nach Viktor II., aber nicht durch Clemens II. Die Urkunde ist demnach als Fälschung zu betrachten, doch weisen die Spuren eines echten Privilegs im Eschatokoll, der Besitzliste und der Sanctio lt. Meinert darauf hin, dass Clemens II. vermutlich ein Schutzprivileg für das Kloster ausgestellt hat. Die Urkunde ist Bestandteil der großangelegten Fälschung Gottfrieds von Vendôme nach 1095 (vgl. nn. †339, †340, †1192, †1193). – Nicht Papst Clemens II. zuzuordnen sind zwei vom Herausgeber Ch. Grellet-Balguerie, Cartulaire du prieuré conventuel de Saint-Pierre de La Réole (Arch. Hist. De la Gironde 5/1863, 99-186) 144 und 146 diesem zugewiesene Stücke. Das erste ist die undatierte Supplik an einen Papst mit der Bitte um eine Bestätigung; das zweite die Urkunde eines Papstes Clemens für Réole, die nach dem Editor aus dem August 1046 (!) stammen soll (Dat. Lateran XIIII kal. Sept. pont. nostri a. I). Die Zuordnung der Supplik zu Clemens II. erfolgte, weil sie im Chartular unmittelbar vor der diesem zugeschriebenen Urkunde steht. Obwohl sich bereits aus der Datierung ergibt, dass es sich nicht um ein Privileg Clemens' II. handeln kann, wird diese Zuschreibung auch noch in jüngerer Literatur durchgeführt (Christensen/Nielsen, Diplomatarium Danicum I 491; Jean de Jurgain, La Vasconie I [Pau 1898] 329f.; Charles Higounet, À propos de la fondation du prieuré de La Réole [Charles Higounet, Actes du colloque du millénaire de la fondation du prieuré de La Réole, Bordeaux 1980, 7-11] 7f.; J.-M. Berland, La place du monastère de Réole parmi les prieurés de Fleury [ebd. 13-48] 32, 35; Jean-Bernard Marquette, La Formation du temporel du prieuré de La Réole [ebd. 71-117] 72; Renée Mussot-Goulard, Les princes de Gascogne 768-1070 [Marsolan 1982] 28f.). Es handelt sich jedoch, wie schon Jaffé/Löwenfeld erkannte und Wiederhold, PUU in Frankreich V 19 (ND I 437), PUU in Frankreich VII 32 (ND II 742) sowie Ramackers, PUU in Frankreich NF VI 12 bestätigten, um ein Privileg Clemens' III. (JL 16321).

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,2 n. †375, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1047-06-27_1_0_3_5_2_47_375
(Abgerufen am 19.03.2024).