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RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,2

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Papst Clemens II. bestätigt dem Kloster Fulda unter Abt Rohing (Roingo ven. abbati ... monasterium ergo Fuldense quod s. Boniphacii vocabulo viget, constitutum in loco qui dicitur Boconia, erga ripam fluminis quod dicitur Fulda) (in weitgehend wörtlicher Wiederholung des Privilegs Silvesters II.) den gesamten Besitz, welchen frühere päpstliche Privilegien verliehen hatten (omnia, quae a praedecessoribus nostris ... vestri postulasse visi sunt ... confirmamus ... cum omnibus cellis, curtibus, districtionibus), ordnet die Konsekration der Äbte in Rom (nullus ... futurus abbas consecrationem unquam accipere presumat, nisi ab hac ... apostolica sede) und ihre ausschließliche Judizierbarkeit durch den apostolischen Stuhl an, untersagt die Verlehnung von Klosterbesitz (nullius ... persona principis ... partem ... monasterii alicui ... sub beneficii nomine dare presumat), bekräftigt den Jurisdiktionsprimat des Klosters unter den (Benediktiner) Klöstern Germaniens (inter omnia ... Germaniae totius coenobia primum honorem in sessione sive in iudicali sententia seu in conciliis ... attribuimus), erlässt ein Alienationsverbot und gewährt Romfreiheit (soli nostrae eccl. libera secura deserviat) sowie das Appellationsrecht (episcoporum more ... apostolicam sedem ad ... defensionem appellare) und verbietet das Feiern der Messe am Hauptaltar ohne Erlaubnis des Abtes (nulli ... super principale altare ... missarum sollemnia celebrare liceat) sowie den von früheren Päpsten zu unrecht zugestandenen Gebrauch der Pontifikalien (usum autem sandaliorum, calligarum ac dalmaticarum, qui sacris canonibus tuo ordini interdicitur ... in perpetuum ... abbatibus ... abradendum ... iubemus). Scr. pm. Johannis scrin. et not. sacri palatii.

Originaldatierung:
Dat. pridie kal. Jan. pm. Petri diac. bibl. et canc. SAS a. D. Jesu Christi MXLVI, d. Clementis II papae a. I, ind. XV.
Incipit:
Cura nos urget sanctarum omnium ...
Schreiber:
Scr. pm. Johannis scrin. et not. sacri palatii.

Überlieferung/Literatur

Orig.: 42 x 62 cm Marburg, StArch., R I a Fulda, Stiftsarch. 1046 Dez. 31 (mit Bulle). Kop.: 1) 11. Jh., Marburg, StArch., R I a Fulda, Stiftsarch. 1046 Dez. 31; 2) 12. Jh., Marburg, StArch., Abt. Hss. K. 425 fol. 19v (p. 38); 3) Ende 13. Jh., Marburg, StArch., Abt. Hss. K. 427 fol. 16. Erw.: 1064/1068 Elencus privilegiorum n. XXIII (Stengel, Reichsabtei Fulda 231). Faks.: Schannat, Vindiciae tab. 1; Toustain/Tassin/Baussonet, Nouveau Traité V Pl. 82 p. 216 (fragm. mit Siegelzeichnung); Pflugk-Harttung, Specimina I Tafel 15; III Tafel 6 n. 9 (Siegel); Neukam, Urkunde für Kloster Theres Abb. 2 nach 232 (fragm.); Fees/Roberg, DIGUB 2/I Frühe PUU Tafel 9; Marburg, LBA; Hadis. Drucke: Schannat, Dioec. Fuld. 250; Cocquelines, Bull. Rom. I 356; Dronke, Cod. dipl. Fuld. 357; Tomassetti, Bull. Rom. I 573; Harttung, Dipl.hist. Forschungen 456 (fragm.); Migne, PL 142, 579; Meyer zu Ermgassen, Codex Eberhardi XX 39; Gresser, Clemens II. 159. Reg.: Höfler, Deutsche Päpste I 339 n. 1; J 3142; Pflugk-Harttung, Päpstliche Originalurkunden 495 n. 28; Roller, Eberhard Beil. 4 n. 20; Melampo, Bolle papale I 550 n. 45; Santifaller, Elenco 348; Santifaller, Geschichte der Beschreibstoffe 90 n. 24; Rabikauskas, Römische Kuriale 231; Stengel, Reichsabtei Fulda 262; GP IV 380 n. 68; Santifaller, LD 120; Rathsack, Fuldaer Fälschungen I 6, II 379, 543; Jakobs, Fuldaer PUU 71; Bischoff, Urkundenformate 123: 1046 Dez. 31; JL 4134. Lit.: Will, Restauration I 11; Harttung, Dipl.hist. Forschungen 311, 323, 455ff.; Bresslau, Konrad II 124f.; Steindorff, Heinrich I 318; Diekamp, Päpstliches Urkundenwesen 609f.; Bresslau, Papyrus 17, 22; Mühlbacher, Kaiserurkunde und PU 502; Hauck, Kirchengeschichte III 593, 600; Pflugk-Harttung, Bullen 97; Kehr, Scrinium 79 (ND Ders., Ausgewählte Schriften 139); Roller, Eberhard 22ff.; Braun, Liturgische Gewandung 396f., 399; Trifone, Serie dei prepositi di San Paolo 113; Lerche, Privilegierung 149, 176, 190; Hofmeister, Mitra und Stab 19; Bloch, Klosterpolitik 216; Kehr, Vier Kapitel 51f. (ND Ders., Ausgewählte Schriften 1245f.); Goetting, Exemtion 131; Kopczynski, Arengen 70; Santifaller, Elenco 143, 146; Lübeck, Kardinalsornat 40ff.; Lübeck, Diözesanbischof 25; Lübeck, Primat 289ff., 292, 295f.; Kuttner, Cardinalis 166; Lübeck, Fulda und die Päpste 463ff., 474f., 477; Wühr, Wiedergeburt Montecassinos 426f.; Lübeck, Klausur 15; Jörg, Würzburg und Fulda 51f.; Lübeck, Fuldaer Äbte 95f.; Hack, Rechtsstreit 14f., 78; Rabikauskas, Römische Kuriale 77, 104f.; Rabikauskas, Skriptumzeile 107ff.; Stengel, Reichsabtei Fulda 220, 228, 320, 323; Reitzenstein, Papst Clemens II. 12; Neukam, Urkunde für Kloster Theres 225, 227; Fürst, Cardinalis 105; Wehlt, Reichsabtei 288; Maccarrone, Teologia del primato 42 (ND Ders., Romana ecclesia I 567); Schmidt, Alexander II. 215; Jakobs, Eugen III. 54ff.; Timmel/Zimmermann, Suidger 12; Hussong, Fulda I 127, 194, 198f., 224f.; Rathsack, Fuldaer Fälschungen I 15f., 22, 104ff., 253, 331, 353, 358, 366, II 369, 378ff., 388ff., 492, 540ff.; Falkenstein, Alexander III. und Corbie 96; Jakobs, Fuldaer PUU 41, 52f., 59f.; Vogtherr, Reichsklöster 439; Bischoff, Urkundenformate 56; Falkenstein, Papauté et abbayes françaises 55, 185; Heikkilä, Fulda und der Goslarer Rangstreit 77f., 80; Engelbert, Heinrich III. und Sutri 255; Bromm, Entwicklung der Elongata 58ff.; Jürgensmeier/Büll, Benediktinische Mönchsklöster in Hessen 233, 311; Gresser, Clemens II. 82ff.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. GP. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen dieser Originalausfertigung – mit welcher die in fränkischer Minuskel statt der originalen Kuriale geschriebene Einzelkopie (1) bis auf das Fehlen von Skriptumzeile und Benevalete fast wörtlich übereinstimmt – und der wenige Tage zuvor ausgestellten Urkunde (vgl. n. 353), welche den selben Skriniar und Notar Johannes und als Datar den Kanzler Petrus Diaconus nennt. Wie in jener betont der Papst die enge Bindung des Klosters an den apostolischen Stuhl (Fuldensem abbatiam specialissimo dilectionis affectu perpetuo habituram concedimus), welche aus dem Status des päpstlichen Eigenklosters resultierte (vgl. n. 1014). Hatte in der früheren Urkunde der Papst den Abt noch in der zweiten Person Plural mit vos angesprochen, so verwendet er hier die 2. Person Singular: tu. Der Primat für das Kloster über die anderen Abteien in Deutschland ist hier als juristischer Vorrang formuliert und beinhaltet neben der Würde des ersten Sitzes in Benediktinerversammlungen und Konzilien auch den Vorrang in iudicali sententia; aus diesem Vorrecht wurde später aufgrund des Widerstandes anderer Klöster ein reiner Ehrenvorrang (vgl. n. 569). Wurde in dem zwei Tage zuvor ausgestellten Privileg (n. 353) die Messfeier ohne Erlaubnis noch im ganzen Kloster verboten, so jetzt nur am Hauptaltar. Vorurkunde ist das Privileg Silvesters II. (999 Dez. 31) (JL 3907; Böhmer/Zimmermann, Papstregesten n. †896; GP IV 374 n. 56) (Zimmermann, PUU I 733). Auffällig ist das Verbot der Pontifikalien, welche frühere Päpste (Johannes XIII., Johannes XV. oder Gregor V. vgl. Böhmer/Zimmermann, Papstregesten nn. †464, †709, 723, 787) einzelnen Äbten zugestanden hatten. In scharfer Ablehnung seiner Vorgänger (fuerint nonnulli in hac summa sede pontifices, qui tyrannide prauorum coacti hoc ... concesserunt) verbietet Clemens II. diesen Gebrauch, den nicht einmal die Äbte von St. Paul vor der Mauer von den Päpsten erhalten hätten, sowohl Rohing von Fulda als auch allen anderen Klostervorständen (non solum tibi tuisque successoribus ..., uerum etiam cunctis uiuentibus ac uicturis omnium monasteriorum abbatibus in orbe terrarum consistentium abradendum omnino iubemus). Die im Zusammenhang mit dem Pontifikalienverbot angeführte Aussage, einige Äbte hätten tyrannide parvorum coacti das Recht zu deren Verwendung erhalten, bezieht Rathsack auf Otto III. und Papst Johannes XV. (JL 3853; Böhmer/Zimmermann, Papstregesten n. 723; GP IV 373 n. 54) (Zimmermann, PUU II 626), doch wird der Papst als ehemaliger und noch amtierender Reichsbischof eine Verleihung der bischöflichen Pontifikalien an Äbte aus prinzipiellen Erwägungen abgelehnt haben; der Passus wird demnach eher allgemeine Hintergründe haben. Geschrieben ist das Dokument von derselben Hand wie Privilegien Benedikts IX. (vgl. nn. 256, 258), Gregors VI. (vgl. nn. 293, 305, 308) und Clemens' II. (nn. 342, 353, 358, 363). An der Echtheit der Urkunde wird nicht gezweifelt, obwohl die verschränkte Formulierung von Salutatio und Arenga schwer verständlich ist: Roingo ... abbati pontificii nostri perpetuam in D. salutem. Cura nos urget ... Das führt dazu, dass bisweilen Pontificii nostri als Incipit genannt wird. Der Mönch Eberhard wurde durch diese unklare Formulierung bei der Eintragung der Urkunde in seinen Codex veranlasst, die Worte umzustellen: Roingo ... abbati. Pontificii nostri cura nos urget ... Diese Abschrift bietet auch ein Brustbild des Papstes (Meyer zu Ermgassen, Codex Eberhardi IV 139). Davon abgesehen unterscheidet sich der erste Teil der eberhardinischen Eintragung vom Original nur durch die Abweichung einiger Worte. Im zweiten Teil (nach p. 38 der Handschrift Kop. 2) weicht der Eintrag der Urkunde im Codex Eberhardi (Kop. 2) vom Original und der Abschrift (Kop. 1) allerdings erheblich ab; die Seiten 39-41 sind später geschrieben und nachträglich in den Codex eingenäht. Die eberhardinische Verfälschung ersetzt das originäre Pontifikalienverbot durch positive Aussagen, die weitgehend aus dem Privileg Leos IX. (vgl. n. 569) entnommen wurden und sogar eine Pontifikalienverleihung beinhalten: Oblationsrecht, Recht der freien Abtwahl, Seelsorgerecht, Zutrittsverbot für Frauen und ein Placitumsverbot. Das Messverbot innerhalb des Klosters, der Primat, das päpstliche Weihereservat, die alleinige Absetzbarkeit des Abtes durch den Papst und die Sanctio sind völlig anders formuliert. Das Eschatokoll übernimmt Eberhard unter Verlust der Skriptumzeile und geringen anderweitigen Abweichungen wieder aus dem Original. Die lt. Schmitz-Kallenberg, Papsturkunden später nachgetragene Scriptumszeile könnte darauf hinweisen, dass die Ausstellung der Urkunde nicht ohne Widerstände vonstatten ging. Aus der Tatsache, dass die Vorder und Rückseite des Siegels in ihrer Ausrichtung nicht übereinstimmen, sondern gegeneinander verdreht sind, ist zu schließen, dass zwei lose Prägestempel verwendet wurden.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI III,5,2 n. 355, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1046-12-31_1_0_3_5_2_27_355
(Abgerufen am 19.03.2024).