Regestendatenbank - 201.916 Regesten im Volltext

RI III Salisches Haus (1024-1125) - RI III,5,1

Sie sehen den Datensatz 306 von insgesamt 328.

Papst Benedikt IX. weiht Abt Aaron von Tyniec zum Erzbischof von Krakau und verleiht ihm ein Privileg (n. †307).

Überlieferung/Literatur

Erw.: Ann. capituli Cracoviensis dicti breves 1059/1046 (Kozlowska-Budkowa, MPH NS V 234); Ann. vetusti Cracovienses dicti s. Crucis 1070 (Bielowski, MPH III 66); Catal. ep. Cracoviensium (Szymański, MPH NS X/2, 42, 54, 84, 109, 286); Ann. Cracovienses 1046 (Bielowski, MPH II 830); Ann. Poloniae Minoris (in unterschiedlichen Redaktionen) (MG SS XIX 620f.; MPH II 830; MPH III 146f.); Ann. Silesiaci compilati 1046 (Blazowski, MPH III 672); Vinzenz von Kielce, Vita maior s. Stanislai ep. Cracoviensis II 11 (Kętrzyński, MPH IV 383); Johannes Długosz, Catal. ep. Cracoviensium (Szymański, MPH NS X/2, 142f.); Johannes Długosz, Ann. seu Chr. Poloniae III zu 1046 (Turkowska II 55); Johannes Staindel, Chr. generale 1046 (Oefele, SS rer. Boic. I 475).  Reg.: Oediger, Regesten I n. 810b.  Lit.: Roepell, Geschichte Polens I 641ff.; Abraham, Organizacya Kościoła 130f.; Kętrzyński, Palliuszu biskupów 206ff., 212ff., 225ff., 230ff.; Schulte, Długossiana 139; Schmidt, Breslauer Bischofskatalog 120ff.; Völker, Kirchengeschichte Polens I 41; David, Casimir le Moine 7, 11ff., 16f.; David, Bénédictins dans la Pologne 21ff., 30ff.; Kętrzyński, Polska 322, 532ff., 538ff.; Aleksander Gieysztor, O kilku biskupach polskich XI wieku (Europa - Słowiańszczyzna - Polska. Studia ku uczczeniu profesora Kazimierza Tymienieckiego, Posen 1970, 311-326) 313ff.; Korta, Kraków 323ff., 328ff., 335ff., 338ff.; Lewald, Ezzonen 146; Schreiner, Benediktiner in Brauweiler 40; Potkowski, Fiktive Biographien 401, 402, 411f., 414; Nitecki, Biskupi polsce 22; Beuckers, Ezzonen 29; MarekDerwich, Les deux fondations de l'abbaye de Lubín dans le cadre de l'implantation du monachisme bénédictin en Pologne (moitié du XIefin du XIIe siècle) (M-A 108/2002, 9-24) 11ff.

Kommentar

Die Aussagen der einzelnen Quellen sind nicht völlig deckungsgleich, obwohl sie in groben Zügen übereinstimmen. Die Mehrzahl berichtet über die Weihe des Bischofs in Köln, während die Ann. capituli Cracoviensis dicti breves und die Ann. vetusti Cracovienses dicti s. Crucis diesen Vorgang nach Rom verlegen. Drei Versionen des Catal. ep. Cracoviensium verzichten auf Angaben zum Ort der Weihe. Auffällig sind auch Unterschiede bzgl. der Jahresangabe: die meisten Quellen nennen die Bischofsweihe im Jahr 1046, nur die beiden, welche als Ort Rom nennen, setzen sie 1059 bzw. 1070 an; dabei ist die erste Jahresangabe dadurch zu erklären, dass die Erzählung von der Weihe im Zusammenhang mit dem Tod des Bischofs angeführt wird, während es sich im zweiten Fall um eine Verschreibung handelt. Abweichend sind auch einige Versionen der Ann. Poloniae minoris (1043 bzw. 1047); letztere Angabe übernimmt auch Johannes Długosz im Bischofskatalog, während er in den Ann. ebenfalls 1046 angibt. Die Minderheit der Quellen (Ann. capituli Cracoviensis dicti breves, Ann. vetusti Cracovienses dicti s. Crucis und eine Version der Ann. Poloniae minoris) verzichtet auf die Nennung des Konsekrators, wogegen alle anderen die Weihe Papst Benedikt IX. zuschreiben (per papam Benedictum Colonie: Vita Stanislai). In fast allen Quellen erfolgt eine Verbindung der Weihe Aarons (vgl. Marek Derwich, Les fondations et implantations de monastères bénédictins en Pologne jusqu'au début du XVIe siècle [Moines et monastères dans les sociétés de rite grece et latin, hg. v. Jean-Loup Lemaître/Michel Dmitriev/Pierre Gonneau, Paris 1996, 49-69] 52f.) zum Bischof von Krakau mit seiner Erhebung zum Erzbischof – bzw. wird er von vornherein als solcher betitelt – und Vinzenz von Kielce, Vita maior s. Stanislai ep., Catal. ep. Cracoviensium, 3. Redaktion, sowie Johannes Długosz in beiden Schriften inserieren das falsche Privileg Benedikts IX., mit welchem dem Bischof das Pallium verliehen wird (n. †307). Die ausführlichste Schilderung der Vorgänge findet sich im Krakauer Bischofskatalog des Johannes Długosz. Hier ist ausgeführt, dass der Abt Aaron 1047 von "König" Kasimir als Bischof postuliert und vom Kapitel gewählt worden sei. Der "König" habe ihn dann als Gesandten – wohl zur Bestätigung der Wahl und zur Weihe ? – nach Rom geschickt, doch habe Aaron den Papst in Köln gefunden: Benedictum nonum Colonie offendens ... facile vota regis ... implevit et post per prefatum Benedictum papam nonum Coloniae consecratus ordinatur; auch hier folgt das Insert der Urkunde n. †307. Diese Nachrichten sind allerdings nicht mit den anderen Informationen über den Pontifikat Benedikts IX. zu vereinbaren. Fast alle Quellen nennen diesen Papst und als Ort der Handlung Köln, doch war Benedikt IX. nie in Deutschland. Das Festhalten an Köln und der Weihe durch einen Papst ließe höchstens Spekulationen darüber aufkommen, dass evtl. Gregor VI., der nach seiner Absetzung im Dezember 1046 nach Köln verbannt war, an der Weihehandlung teilhatte; diese Überlegung würde die Datierung in das Jahr 1047 stützen. Festzuhalten ist jedenfalls die Bischofsweihe in Köln, doch wurde sie nicht durch einen Papst, sondern – wie David, Casimir 7 und Schreinerannehmen – vermutlich durch den Kölner Erzbischof Hermann II., den Onkel des polnischen Herzogs Kasimir, vorgenommen. Es ist anzunehmen, dass die Amtseinführung des polnischen Bischofs in Köln im Jahr 1046 in früheren Quellen vermerkt war; als es um 1230 darum ging, der Krakauer Kirche innerhalb Polens eine besondere Position zu verschaffen, wurde dann vermutlich die Urkunde (n. †307) auf den Papst gefälscht, der in diesem Jahr nach polnischen Listen im Amt gewesen sein soll. Die gefälschte Urkunde wurde mit dem Weihevorgang dann wieder so verbunden, dass der Papst auch selbst zum Konsekrator werden konnte. Unter Ablehnung der Fälschung bei gleichzeitiger Annahme, dass Aaron ein Pallium getragen habe, nimmt Kętrzyński, an, dieses sei ihm entweder 1049 von Leo IX. (um Juni 29) oder 1056 (Dezember) von Viktor II. in Köln verliehen worden, wofür quellenmäßige Beweise jedoch auch fehlen. David vermutet, dass mit der Bischofsweihe zugleich die Bestellung Aarons zum Oberhaupt der polnischen Kirche vorgenommen wurde (vgl. n. †307); die in der Literatur geäußerten Theorien über Aarons Pallium bzw. das Krakauer Erzbistum als zeitweiliges oder in Nachfolge des nach dem böhmischen Kriegszug von 1038/1039 (vgl. n. 215) verwüsteten Gnesen sind hier nicht weiter zu verfolgen. Fest steht, dass Benedikt IX. den Krakauer Bischof nicht geweiht hat. Falls dieser Papst die Wahl in irgend einer Form bestätigt haben sollte, so müsste dies vor dem 1. Mai 1045 geschehen sein, doch ist eine päpstliche Beteiligung insgesamt auszuschließen.

Nachträge

Nachtrag einreichen
Einreichen
Empfohlene Zitierweise

RI III,5,1 n. †306, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1046-00-00_1_0_3_5_1_306_D306
(Abgerufen am 18.04.2024).