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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Erneuerung des kirchlichen Schismas zwischen Rom und Byzanz. Papst Sergius (IV.) sendet dem Patriarchen Sergios (II.) von Konstantinopel mit einer Wahlanzeige ein Glaubensbekenntnis, das durch den Zusatz filioque erweitert ist. Weiters läßt der Papst als Beschluß einer unter seinem Vorsitz tagenden römischen Synode durch Dekrete bekannt machen, daß bei der Eucharistiefeier Azymen zu verwenden seien. Patriarch Sergios fordert daraufhin den Papst in einem Schreiben zur Rückkehr zum alten Glauben auf, exkommuniziert den Papst, als die byzantinischen Gesandten ohne befriedigende Antwort aus Rom zurückkehren, und verfügt die Streichung des Papstes und dessen Vorgänger seit Christophorus aus den byzantinischen Gebetsdiptychen.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Niketas v. Nikäa, Ποσάϰιϛ οἱ Ρωμαῖοι ἐσχίσθησαν (Rezension d. 15. Jh. ed. bei Michel, Humbert und Kerullarios I 20 Anm. 5); Traktat Πεϱὶ τῆϛ τῶν Λατίνων πάλιν αἰτίαϛ 9 f. (Hergenröther. Mon. 168 f.); Traktat (Leukiossage) Ὅπωϛ ἐγένετο ϰαὶ πόθεν ϰαὶ πότε ἡ τῶν Ἰταλῶν ἐϰ τῶν ὀϱθοδόξων διαίϱεσιϛ διάστασιϛ 15 f. (Hergenröther, Mon. 180 f.); (Epiphanios v. Konstantinopel), Πῶϛ ϰαὶ ϰατὰ τίνα ἐχωϱίσθησαν ἀφ̕ ἡμῶν οἱ Λατῖνοι (Hergenröther, Mon. 162 f.); Arsenios v. Konstantinopel, Ἀπόδειξιϛ (Gedeon in Archeion 1/1911, 336 f.): Michael Anchialu, O eresech latyn'skich (Pavlov 155 f.). Reg.: Grumel, Reg. II 240 f. n. 818 u. 819; Grümel-Darrouzès, Reg. II 329 n. 818 u. n. 819. Lit.: Hergenröther, Photius III 729, 850 f., 858 u. 872; L. Brehier, Le schisme oriental du XIe siècle (Paris 1899) 78; Michel, Humbert und Kerullarios I 20 ff.; Jugie, Le schisme byz. 166; Every, Byzantine Patriarchate 149; Runciman, Eastern Schism 32 ff.; Runciman, Kreuzzüge I 93; D. M. Nicol, Byzantium and the Papacy in the Eleventh Century (Journal of Ecclesiastical History 13/1962, 5 f.).

Kommentar

Die Berichterstattung der zitierten Quellen verfolgt den Zweck, den Ausbruch des Schismas auf die Zeit vor Michael Kerullarios zu datieren und das Papsttum dafür verantwortlich zu machen. Keine abendländische Quelle weiß etwas von der römischen Synode Sergius' IV. und von der Anwesenheit byzantinischer Gesandter in Rom, worüber die beiden anonymen Traktate berichten. Zur Einfügung des filioque in das nizänische Symbol vgl. n. 1129. Der Vorwurf der Verfälschung wurde schon von Photios im 9. Jh. gegen Rom erhoben; vgl. dazu Jungmann, Missarum sollemnia I 575 Anm. 24; L. Brehier, Normal Relations between Rome and the Churches of East before the Schism of the 11. Century (The Constructive Quarterly 4/1916, 655 ff.) und F. Dvornik, The Photian Schism (Cambridge 1948). Fraglich ist auch, ob am Anfang des 11. Jh. der Brauch, die erfolgte Papstwahl durch eine Systatika dem byzantinischen Patriarchen mitzuteilen, noch in Übung war. Michel I 20 hält dies für möglich, so daß der Ausbruch des Schismas noch auf 1009 datiert werden müßte, bezweifelt aber (I 22) die Beantwortung durch eine byzantinische Gesandtschaft und ein Schreiben des Patriarchen. Euthymios Zigabenos (Migne, PG. 102, 396) bezeugt am Anfang des 12. Jh., daß die päpstlichen Systatikai bis zur Zeit des Patriarchen Sergios II. das unveränderte Symbol enthalten haben. Daß die Verfälschung des Symbols durch Sergius IV. die Ursache des Schismas gewesen sei, meldet erst die spätere Redaktion des Niketas. Zu den sachlichen kommen noch chronologische Schwierigkeiten. Manchen späteren Quellen gilt nur Papst Christophorus als Urheber der Glaubensirrung in Rom, der deswegen vom byzantinischen Patriarchen ermahnt worden sein soll. Wo Papst Sergius beschuldigt wird, erscheint dieser als unmittelbarer Nachfolger des Christophorus, so daß man eher an Sergius III. denken möchte, der den Byzantinern wegen seiner Stellungnahme im Tetragamiestreit (vgl. n. 8) in schlechter Erinnerung war. Wie aber schon Hergenröther, Photius III 847 feststellt, ist eine Verwechslung anzunehmen, denn nur Papst Sergius IV. war der Zeitgenosse eines gleichnamigen byzantinischen Patriarchen. Auch bezeugt Epiphanios, daß 24 Päpste nach Christophorus aus den Diptychen gestrichen wurden, und laut Johannes v. Jerusalem (vgl. Michel I 23 Anm. 8) waren die Päpste noch bis zur Zeit des Patriarchen Sergios II. in den Diptychen verzeichnet. Auch Niketas (vgl. Migne, PG. 120, 717) datiert in dessen Regierungszeit. Vgl. weiters n. 982, woraus zu entnehmen wäre, daß mit Sergius IV. eine Wandlung in den Beziehungen zwischen Rom und Byzanz eintrat.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 1042, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1009-00-00_7_0_2_5_0_1095_1042
(Abgerufen am 18.04.2024).