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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Verschiedene Gründe veranlassen Papst Johannes (XVIII.), den Bischof Petrus von Piperno mit bestimmten Aufträgen als Legaten nach Frankreich zu senden. (1) Graf Fulko (III. Nerra) von Anjou, der mit reichen Geschenken an Gold und Silber in Rom erschienen war, hatte dem Papst das von ihm begründete Kloster Beaulieu-lès-Loches (D. Tours) tradiert und den Erzbischof Hugo von Tours wegen der Verweigerung der Klosterweihe verklagt, welche nun der Legat durchführen soll. (2) Weiters soll dieser dem Gerücht nachgehen, daß manche französische Bischöfe die Autorität des Papsttums bestreiten und diesem nicht gehorchen wollen. (3) Endlich hatte der Jude Jakob bar Jekutiel aus Rouen, der samt seiner Frau Hanna und seinen Söhnen Jekutiel, Isaak und Josef mit Erlaubnis des Herzogs Richard (II. von der Normandie) nach Rom gekommen war, dem Papst über die unter König Robert (II.) in Frankreich ausgebrochene Judenverfolgung geklagt und um Erlaß eines bullierten Papstmandates, das die Judentötung mit Exkommunikation bedroht, sowie zur Abstellung der Verfolgungen um Entsendung eines Bischofs als Legaten ersucht. Jakob bot dem Papst dafür ein Geldgeschenk in der Höhe von 200 Pfund in Münzen von Angers und Limoges, versprach für den Legaten 7 Goldstücke und verpflichtete sich zur Finanzierung der Legationsreise mit 100 Silberstücken, zur Beistellung von 12 Reitpferden, zur Ausfertigung eines Geleitbriefes an alle Judengemeinden in Frankreich sowie zum bürgschaftlichen Verbleiben in Rom bis zur Rückkehr des Legaten. Nach zweiwöchiger Bedenkzeit und Beratung mit Bischöfen hatte der Papst dem in Begleitung der Vorsteher der römischen Judengemeinde Moche ha Nassi und Abraham Chabetai neuerlich vor ihm erschienenen Jakob die Erfüllung seiner Wünsche mitgeteilt.

Überlieferung/Literatur

Erw.: 1) n. 1019 u. Rodulf Glaber, Hist. II 4 (Prou 33). 2) n. 1027. 3) Chr. hebr. ano. (ed. A. M. Habermann, Sefer Gezêrôt ashkenaz we-tsarfat, Jerusalem 1945, 20 f.). Reg.: - Lit.: Schieffer, Legaten 45 ff.

Kommentar

Über Beaulieu-lès-Loches vgl. Pfister, Robert le Pieux 319 f.; Halphen, Le comté d'Anjou 84 f., V. Mortet, Recueil de textes relatifs à l'histoire de l'architecture et à la condition des architectes en France au moyen âge (Collection de textes pour servir à l'étude et à l'enseignement de l'histoire 44/1911, 2), Laprat, La légende de Beaulieu 1258 f., Guillot, La consécration de Beaulieu 24 ff. und Bachrach, Sergius IV. and Beaulieu 241 ff. Die Gründung des Klosters erfolgte nach der Rückkehr Fulkos von einer Pilgerreise aus Palästina 1004 oder 1005 (vgl. Ramackers, PUU. in Frankreich V 22). von der Tradition an den Papst erfährt man aus n. 1019, die Klosterweihe vollzog der päpstliche Legat im Mai 1007 (vgl. Halphen 85 Anm. 3), nachdem sich der seit 3. Jan. 1005 regierende Erzbischof Hugo (vgl. Halphen 84 Anm. 4) geweigert hatte. Über die Ursache des Streites zwischen dem Grafen und dem Erzbischof vgl. Halphen 31 ff. Gleich nach der Ablehnung seiner Bitte durch Hugo soll sich Fulko laut dem Bericht des Rodulf Glaber nach Rom zum Papste begeben haben: Mox denique copiosa argenti et auri assumpta pecunia Romam pergens ac Johanni papę causam suę profectionis exposuit, ac deinde poscens quod ab illo obtaverat plurima ei munerum dona obtulit. Qui protinus misit cum eodem Fulcone ad predictam basilicam sacrandam unum ex illis, quos in beati Petri apostolorum principis ecclesia cardinales vocant, nomine Petrum, cui etiam precepit, veluti Romani pontificis auctoritate assumpta, quicquid agendum Fulconi videbatur intrepidus expleret. Vgl. dazu auch Tellenbach, Abhandlungen III 1089 u. in FS. Fleckenstein (1984) 175. Halphen 85 Anm. 1 (vgl. dagegen Laprat) bezweifelt die Romfahrt Fulcos, Schieffer 45 Anm. 4 die Bestechung des Papstes. Für die Datierung der Entsendung des Legaten ist das Datum der Weihe von Beaulieu maßgebend. In der Fälschung n. 1070, die ebenfalls die Entsendung des Legaten erwähnt, erscheint dagegen Beaulieu noch ungeweiht. Die Identifizierung des Legaten Petrus mit Bischof Petrus von Piperno ergibt sich aus n. 1027 bzw. aus Andreas v. Fleury, Vita Gauzlini 18 (Bautier-Labory 54). Hier wird die Entsendung vor allem mit Angelegenheiten des Klosters Fleury in Zusammenhang gebracht, jedoch auch ähnlich begründet wie von Rodulf Glaber: Comperimus autem quosdam episcoporum vestri regni auctoritatem sedis apostolicę ... adeo contemptui habere, ut nullatenus se observaturos dicant. Quam contumatiam in transalpinis nos audientes fore episcopis et minime credentes misimus fratrem et coepiscopum nostrum Bipernensem antistitem, ut rei veritatem agnosceret (Bautier-Labory 54). Aus n. 1026 weiß man, daß der Legat auch an einer französischen Synode in Orléans teilnahm und erst Ende 1007 nach Rom zurückkehrte. Vgl. hiezu auch die Literaturangaben zu n. 1026 ff. Die zitierte anonyme hebräische Chronik ist in einem aus dem 11. Jh. stammenden Manuskript in der Bibliothek Parma (De Rossi n. 563) überliefert und von S. Schwarzfuchs. Chroniques hébraiques du XIe siècle (Evidences 6/1954, 36 f.) ins Französische übersetzt. Die sonst nicht bezeugte Reise des Juden Jakob wird ins Jahr 4767 der jüdischen Weltära datiert, was dem Jahr 1006/1007 entspricht. Der nicht mit Namen genannte Papst, mit dem Jakob in Rom zusammentraf, ist demnach mit Johannes XVIII. zu identifizieren und der Legat mit Petrus von Piperno. Dieser blieb freilich nicht, wie die hebräische Chronik behauptet, vier Jahre in Frankreich, und von seiner Aktivität zugunsten der französischen Juden ist nichts bekannt. Über die damalige Lage des Judentums in Frankreich vgl. Pfister 337 f. und zur Romfahrt des Jakob Vogelstein-Rieger, Gesch. der Juden in Rom I 212; J. A. Agus, Control of Roads by Jews in Pre-Crusade Europe (The Jewish Quarterly Review, N. S. 48/1957, 93 ff.), Blumenkranz, Juifs et Chrétiens 136 und Simonsohn, The Apostolic See and the Jews 34.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 1018, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1007-00-00_2_0_2_5_0_1070_1018
(Abgerufen am 20.04.2024).