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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Verhandlungen über die Erhebung Ungarns zum Königreich und dessen Kirchenorganisation. ‒ Eine Gesandtschaft Stephans (I.) von Ungarn unter Führung des Abtes Ascherik-Anastasius (von Pécsvárad) ersucht mit Kommendation Ungarns an den Apostel Petrus den Papst Silvester (II.) um Bestätigung der episkopalen Organisation Ungarns, besonders um den Konsens zur Errichtung der Metropole Gran, sowie um die Königswürde für Stephan. In Übereinstimmung mit Kaiser Otto III. genehmigt der Papst diese Bitten. Den ungarischen Gesandten wird eine Krone und ein Papstschreiben übergeben.

Überlieferung/Literatur

Erw.: n. 943; Briefe Gregors VII. v. 1074 u. Urbans II. v. (1096) (JL. 4886 u. 5662, ed. Caspar, MG. Epist. sel. II 145 u. Györffy, Dipl. Hung. 195 u. 317 f.); Hartwich, Vita Stephani 9 (SS. rer. Hung. II 412 ff.); Ann. Kamenzenses (MPH. II 777); Ann. Cracovienses compilati 982 (MPH. II 828 f.); Ann. Silesiaci compilati (MGSS. XIX 537); Chr. Hungarico-Polonicum 5 (SS. rer. Hung. II 307); Ann. Polonorum 1001 (MGSS. XIX 618); Ann. Sandigovii 982 u. 1000 (MGSS. XXIX 425); Chr. princ. Poloniae (MPH. III 445); Heinrich v, Mügeln, Chr. 19 (SS. rer. Hung. II 147); Heinrich v. Mügeln, Chr. rhythmicum 29 (SS. rer. Hung. II 256); Ann. min. Poloniae (MPH. III 143); Ann. s. crucis Polonici (MGSS. XIX 678); Cat. ep. Cracoviensium IV u. V (MPH. N. S. X/2, 54 f. u. 80); Długosz, Ann. 997 (Dąbrowski 218 ff.); Długosz, Cat. archiep. Cracoviensium (MPH. N. S. X/2, 138); Zdarzenia godne pamięci (MPH. III 299); Ann. Krasińskich (MPH. III 129). Reg.: Böhmer-Uhlirz n. 1407 c; Györffy, Dipl. Hung. 17 n. 1. Lit.: B. Hóman, Szent István király (Emlékkönyv Szent István király halálanak kilenc-századik évfordulóján, II,1938, 11 ff.); Bierbach, Kurie und nationale Staaten 100; B. Hóman, Stephan der Heilige (FS. A. Dopsch, 1938, 284); Hóman, King Stephen 25 ff.; A. Brackmann, Zur Entstehung des ungarischen Staates (Abh. Berlin 1940/8, 18 ff); Hóman, König Stephan 107 ff.; Hóman, Gesch. des ung. Mittelalters I 169 ff.; Deér, Entstehung 52 ff.; J. Deér, III. Otto császár és magyarország az újabb történetírában (Századok 78/1944, 1‒35); Dvornik, Making 156 ff.; Uhlirz, Jahrbücher Otto III. 370 ff. u. 571 ff.; Baethgen, Mediaevalia 60 f.; Hirsch, Aufsätze 23 f.; Deér, Krone Ungarns 195 ff.; Váczy, Thietmar 29 ff.; Györffy, Stephan der Heilige 114 ff.; Wolter, Synoden 199; Fried, Otto 66 f. u. 129 ff.

Kommentar

Die Ereignisse sind durch spätere Legenden vielfach ausgeschmückt worden. So berichtet schon Hartwich (SS. rer. Hung. II 413) von einer Gesandtschaft Mieszkos von Polen (gest. 992) unter Führung des Bischofs Lambert von Krakau (vgl. n. 725), doch war laut Thietmar v. Merseburg (MGSS. N. S. IX 184) damals Poppo Bischof von Krakau, die den Papst um eine Krone für ihren Herrscher bat. Auf Grund eines Traumgesichtes habe aber der Papst das bereits angefertigte und den Polen versprochene Diadem am nächsten Tage der indessen in Rom eingetroffenen ungarischen Gesandtschaft übergeben. Grundlage der Legende dürften das Erscheinen des späteren Gnesener Erzbischofs Radim-Gaudentius im Jahre 999 im Auftrag Boleslaws I. in Rom und die damaligen Erwägungen über eine Erhöhung des Polenfürsten (vgl. Uhlirz 310 ff., 319 ff., 419 ff. u. 540), dessen Bemühungen von 1003 (vgl. n. 978) und dessen Krönung im Jahre 1025 (Ann. Quedlinburgenses, MGSS. III 90) gewesen sein; vgl. dazu auch Zakrzewski, Boleslaw 133 ff. und Stasiewski, Anfänge 603 sowie Stadnicki, Schenkung Polens 88, wo Lamberts Gesandtschaft auf 1024 datiert wird (dazu aber Uhlirz in MIÖG. 38/1920, 192 f.). Von Hartwich abhängig sind die verschiedenen Varianten der Legende in polnischen Quellen: je eine Legation Mieszkos und Boleslaws an Silvester II. laut den Ann. Sandigovii, Schenkung einer anderen Krone an Mieszko laut den Ann. s. crucis. Im Chr. Hungarico-Polonicum 5 f. (SS. rer. Hung. II 307 ff.) wird eine Gesandtschaft Mieszkos an Leo VIII. berichtet (vgl. dazu n. 398) und die Ablehnung der Polen mit dem noch barbarischen Zustand ihres Landes und Volkes begründet, jedoch sei der Gesandte auf später vertröstet worden, sofern sich Polen bußfertig zeige. Weiters habe der Papst bei Strafe der Exkommunikation Friede zwischen den sich damals bekämpfenden (vgl. Stasiewski 603 f., Dvornik 214 f. u. 221 sowie Ratkoš in Studia hist. Slovaca 3/1965, 25 ff.) Ungarn und Polen anbefohlen und darüber ein Mandat an Lambert übergeben. Von hier ist wieder Długosz abhängig, der die Ablehnung jedoch mit dem Eintreffen der Nachricht vom Tode Mieszkos begründet. Zur Krönung Stephans und zur ungarischen Krone, die wohl ein Geschenk des Kaisers und nicht des Papstes war, vgl. n. 948 und die dort zitierte Literatur, bes. Deér. Laut Hartwich sandte der Papst an Stephan auch ein Vortragkreuz als signum apostolatus und soll erklärt haben: Ego sum apostolicus, ille vero merito Christi apostolus, per quem tantum sibi populus convertit. Quapropter dispositioni eiusdem, prout divina ipsum gratia instruit, ecclesias simul cum populis utroque iure ordinandas relinquimus (SS. rer. Hung. II 414); vgl. zur Legende Váczy, Stephan als Legat 27 ff.; Váczy, Die erste Epoche 92 ff.; Szentirmai, Apostolische Legation 253 ff. und Deér in Arch. hist. pont. 2/1964, 152 ff. Auf die seinem Vorgänger Stephan I. vom Papste verliehenen Legationsrechte beruft sich erstmals Bela IV. in einem Brief nach Rom vom Jahre 1238 (Szentpétery, Reg. I 196 n. 642 und dazu Szentirmai 263 f.). Heinrich v. Mügeln sieht im Vortragkreuz nur ein Herrschaftssymbol, wie es auch andere Könige in Gebrauch hatten. Daß Stephan die ungarische Kirche ex Romana auctoritate organisiert habe, steht schon in der Legenda minor (SS. rer. Hung. II 397); vgl. dazu auch n. 1034, n. 1085 u. n. 1156. Zur Errichtung der Metropole Gran vgl. n. 949. Von der Kommendation Ungarns erfährt man aus dem Brief Gregors VII.: regnum Ungarię sanctę Romanę ecclesię proprium est a rege Stephano olim beato Petro cum omni iure et potestate sua oblatum et devote traditum; vgl. dazu Schramm, Renovatio I 154 f.; Brackmann 19 u. Aufsätze 255; Dvornik, Making 156; Uhlirz, Jahrbücher 371 u. 578 f. u. bes. Deér, Krone 199. Zur Datierung der Ereignisse vgl. Böhmer-Uhlirz n. 1407 c und Uhlirz, Jahrbücher 579 ff. sowie n. 943 u. n. 948. Verhandlungsort war jedenfalls Ravenna, wo damals Kaiser und Papst weilten und Anastasius abbas monasterii s. Mariae Slavanensis provincie an einer Gerichtsversammlung (n. 941) teilnahm. Über den Gesandten, von dem es bei Hartwich heißt eundem Ascricum presulem, qui alio nomine Anastasius dictus est, vgl. Uhlirz, Jahrbücher 566 ff., wo die Vermutung geäußert wird, daß der damalige Abt und spätere Erzbischof (n. 949) schon damals die Bischofsweihe besaß, so daß ihn spätere Quellen mit Recht als episcopus bezeichnen konnten. Hartwich behauptet, daß die ungarische Gesandtschaft ad limina apostolorum gereist sei, woraus spätere Autoren Rom statt Ravenna erschlossen haben. Hauptquelle für die Beteiligung des Kaisers an den Ereignissen ist Thietmar v. Merseburg (MGSS. N. S. IX 198): Imperatoris autem predicti gratia et hortatu ... Waic in regno suimet episcopales cathedrasfaciens, coronam et benediccionem accepit; zur Deutung der Stelle vgl. Uhlirz, Jahrbücher 575 ff. und Bárány-Oberschall, Stephans Krone 41 f., Váczy, Thietmar 29 ff. sowie n. 948. Bei der Wahl Karl Roberts von Anjou zum ungarischen König im Jahre 1308 betonte der Papstlegat Gentile quodque coronam regni primus rex Ungarie, sanctus Stephanus, a Romano pontifice consecratam acceperit (Mon. Vat. Hung. I/2, 117); vgl. dazu Deér, Krone 220.

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 942, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1001-04-00_1_0_2_5_0_987_942
(Abgerufen am 25.04.2024).