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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Der aus Aquitanien stammende Erzbischof Gerbert von Ravenna, Sohn des Agilbert und früher Mönch in Aurillac, Abt von Bobbio und Erzbischof von Reims, wird wegen seiner Gelehrsamkeit von seinem Schüler, dem Kaiser Otto III., zum Nachfolger des verstorbenen Papstes Gregor (V.) (n. 854) bestellt, von den Römern gewählt und unter dem Namen Silvester II. zum Papst erhoben.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Thietmar v. Merseburg, Chr. IV 43 u. VI 100 (MGSS. N. S. IX 180 u. 392); Ann. Hildesheimenses 999 (Waitz, SS. rer. G. 8/1878, 27); Rodulf Glaber, Hist. 14 (Prou 15); Ademar v. Chabannes, Hist. 31 (Chavanon 154 u. 203); Hermann v. Reichenau, Chr. (MGSS. V 118); Hugo v. Flavigny, Chr. (MGSS. VIII 367 f.); Hist. Francorum Senonensis (MGSS. IX 368); Hist. regum Francorum monasterii Dionysii (MGSS. IX 403); Sigebert v. Gembloux, Chr. (MGSS. VI 353); Ordericus Vitalis (?), HE. VII 2 (Chibnall 349); Ann. Saxo 999 (MGSS. VI 643); Ann. Palidenses 999 (MGSS. XVI 65 u. 97 f.); Vita Meinwerci 7 (Tenckhoff, SS. rer. G. 59/1921, 13); Romuald v. Salerno, Chr. (SS. rer. Ital. VII/1, 170); Martin v. Troppau, Chr. (MGSS. XXII 431); Gesta ep. Halberstadensium (MGSS. XXIII 89); Chr. min. Erphordensis (Holder-Egger, SS. rer. G. 42/1899, 623). Reg.: JL. I p. 497; Böhmer-Uhlirz n. 1305 b. Lit.: Rochemaure, Gerbert 410 ff.; Hartmann, Gesch. Italiens IV/1, 125; Buzzi, Per la cronologica 616 f.; Schramm, Renovatio I 115; Poole, Studies 146 f.; Leflon, Gerbert 350 ff.; Brezzi, Roma e l'impero 172; Holtzmann, Kaiserzeit 356; Uhlirz, Jahrbücher Otto III. 293 f.; Beaufrère, Gerbert 32; Oldoni, Gerberto 629 ff.

Kommentar

Den genannten Quellen folgt eine Anzahl anderer; vgl. vor allem weiters die Notizen über die Nachfolge, die Erhebung und den Pontifikatsbeginn zum Jahre 999: Ann. s. Vincentii Mettensis (MGSS. III 157), Ann. Cavenses breves (MGSS. III 189), Ann. Altahenses (Oefele, SS. rer. G. 4/1891, 16), Ann. Pragenses (FRB. II 377), Ann. Leodienses (MGSS. IV 18), Ann. Ottenburani (MGSS. V 5), Chr. Vulturnense (Federici, FSI. 58/1925, 96), Auct. Garstense (MGSS. IX 567), Ann. s. Rudberti Salisburgensis (MGSS. IX 772), Auct. Erphesfurtense (Holder-Egger, SS. rer. G. 42/1899, 32), Ann. Remenses (MGSS. XIII 82), Ann. s. Dionysii Remensis (MGSS. XIII 82), Ann. Remenses et Colonienses (MGSS. XVI 731), Ann. Uticenses (MGSS. XVI 498), Ann. s. Trudperti (MGSS. XVII 289), Ann. Ceccanenses (MGSS. XIX 281), Ann. Colbazienses (Jørgensen 42), Hugo v. St. Viktor (MGSS. XXIV 96), Cencius (Fabre-Duchesne I 328), Chr. univ. Mettensis (MGSS. XXIV 511), Chr. Amiatinum (MGSS. XXIV 834), Ann. Rotomagenses (MGSS. XXVI 498). Ann. Montis s. Michaelis (Delisle 218), Ann. Gemmeticenses (Laporte 53), Chr. Basileense (MGSS. XXXI 289), Ebendorfer, Papstchr. (Zimmermann, MGSS. N. S. XVI 320). Häufig erfolgt die Verzeichnung des neuen Pontifikates aber auch wie bei Hermann v. Reichenau erst zum Jahre 1000; vgl. etwa Ann. Augustani (MGSS. III 124), Chr. s. Bartholomaei (MGSS. XXXI 215), und, da schon der Aufstieg Gerberts interessant war, auch bereits zu früheren Jahren. Zum Datum der Erhebung zu Ostern 999 vgl. die zitierten Arbeiten von Poole und Buzzi. Am 15. Apr. 999 ist Silvester II. erstmalig als Papst bezeugt (vgl. n. 869), der 4. Apr. 1001 zählt noch zum 2. Pontifikatsjahr (vgl. n. 941). Zu dieser Datierung des Regierungsbeginnes stimmen ungefähr auch die Angaben über die Pontifikatsdauer (vgl. n. 974). Die Vakanz nach dem Tode Gregors V. (n. 854) hat aber nicht bloß 15 Tage gedauert, wie Martin v. Troppau (MGSS. XXII 432) behauptet. In Böhmer-Uhlirz n. 1304 c wird angenommen, daß die Nominierung Gerberts zum Papst durch den Kaiser schon vor dem 29. März 999 erfolgt sei, was ungefähr zur Vakanzdauer gemäß den Berechnungen des Todestages Gregors V. durch Uhlirz stimmen könnte. So zahlreich die Erwähnungen des neuen Pontifikates in den Quellen sind, so wenig erfährt man über die näheren Umstände des Aufstieges. Am häufigsten wird die Ernennung durch den Kaiser bezeugt; vgl. vor allem n. 937, Thietmar (MGSS. N. S. IX 392: is gratia imperatoris eidem successit) und Ademar (Chavanon 154: ah imperatore papa sublimatus est propter philosophiae gratiam mutatumque est nomen eius pristinum et vocatus est Silvester), aber auch das Epitaph Silvesters II. (MG. Poet. lat. V 338, Montini, Le tombe 167 f.: primum Gerbertus meruit Francigena sede, Remensis populi, metropolim patriae. Inde Ravennatis meruit conscendere summum aecclesiae regimen nobile fitque potens. Post annum Romam mutato nomine sumpsit, ut toto pastor fieret orbe novus. Cui nimium placuit sociali mente fidelis, obtulit hoc cesar tertius Otto sibi). Vgl. weiters Ann. Virdunenses (MGSS. IV 8), Ann. s. Martini Tornacensis (MGSS. XV 1296), Ann. Parchenses (MGSS. XVI 601), Alberich v. Troisfontaines (MGSS. XXIII 775 f.). Stainreuter (MG. Dt. Chr. VI 88) schreibt die Erhebung Gerberts zum Papst neben dem Kaiser auch dem Einfluß des französischen Königs Robert II. zu, der ebenfalls ein Schüler Gerberts gewesen war. Von einer römischen Wahl verlautet erst etwas in späteren Quellen; vgl. etwa Hist. Francorum Senonensis (Statimque omnis populus Romanus sibi dari adclamat domnum Gerbertum. Assumptus autem de urbe Ravenna ordinatus est pontifex summus in urbe Roma). Zum früheren Wirken Gerberts in Ravenna vgl. n. 830 und Schwartz, Besetzung 152, zum Wirken in Reims vgl. Dumas in Revue d'histoire de l'église de France 30/1944, 30 ff. und Zimmermann, Studien 141 ff., zum Wirken in Bobbio n. 608, n. 628 u. n. 629 sowie Uhlirz in Zs. d. hist. Ver. f. Steiermark 26/1931, 30 ff. und allgemein den von M. Tosi redigierten Sammelband: Gerberto, scienza, storia e mito (= Archivum Bobiense, Studia II, 1985). Vgl. weiters zum Lebenslauf Gerberts und zu dessen Gelehrsamkeit das zitierte Werk von Rochemaure und die bei Santifaller. Reichskirchensystem 190 ff. verzeichnete Literatur, vor allem auch Manitius, Gesch. d. lat. Literatur II 729 ff., über den Geburtsort bes. O. Darlington, Gerbert, obscuro loco natus (Speculum 11/1936, 509 ff.). Zum Aufstieg zur Papstwürde vgl. auch Andrieu, La carrière 113; zu dem auch von der Grabschrift bezeugten Namenswechsel des Papstes vgl. Poole 161, Krämer in RQ. 51/1956, 152 u. 160f.und Hergemöller. Papstnamen 38 f. In der Schreibweise des Taufnamens Gerbert begegnen in den Quellen zahlreiche Varianten. Vielfach wird der Taufname auch noch als Papstname verwendet. Auch Silvester II. hat sich selbst als Papst mit dem Taufnamen in Urkunden unterschrieben; vgl. dazu Ewald in NA. 9/1884, 321 ff. u. Kehr. Die ältesten PUU. 22. Der Vatername wird nur vom Cat. Cavensis (Duchesne, Lib. pont. II 263: Silvester, natione Aquitanorum, ex patre Agilberto) überliefert. Vgl. sonst über die Herkunft des Papstes den Cat. Augustensis (Duchesne II 263: Gerbertus, cognomento Musicus, qui et Silvester, natione Aquitanus, de monasterio sancti Geraldi, de sede Remorum transiit ad Romam, Gerbertus in Roma post papa ingens, Romanorum doctor, Ravennatum archiepiscopus, sub eodem Ottone ordinatus). Martin v. Troppau (MGSS. XXII 432) bezeichnet Silvester als Gallicus, irrig als Romanus erscheint er bei Albert v. Stade (MGSS. XVI 298). Silvester II. gilt zumeist als 143. römischer Bischof und erhält gelegentlich irrig die Ordnungszahl III. statt II. Seinen Aufstieg von Reims über Ravenna nach Rom soll er selbst in dem von vielen Quellen weitergegebenen Spruch Scandit ab R Gerbertus in R post papa viget R zusammengefaßt haben; vgl. Helgald v. Fleury, Vita Roberti (Bautier-Labory 60) und dazu Schramm I 188 u. Oldoni in Studi medievali 18/1977, 667 ff. Der merkwürdige Aufstieg veranlaßte die Legende über das Teufelsbündnis Gerberts. Schon bei Kardinal Beno (MG. Ldl. II 377) ist Gerbert de abisso Papst geworden. Sigebert v. Gembloux (MGSS. VI 353) überliefert das Gerücht, daß Gerbert Nigromant gewesen sei und non per ostium intrasse. Die Ann. Palidenses (MGSS. XVI 65) wissen: Hic a quibusdam ab ordine pontificum excluditur, quia non per ostium, sed per nigromanciam intrasse arguitur. Laut Martin v. Troppau (MGSS. XXII 431) ist Gerbert diabolo Papst geworden. Laut Wilhelm v. Malmesbury (Stubbs, SS. rer. Brit. 90/1, 196) verdankte Gerbert den Aufstieg nebst Kaiser Otto III. dem Teufel und den mit seiner Hilfe gefundenen Schätzen. Eine von ihm aus Erz gegossene Büste habe ihm auch die Erhebung zum Papst vorausgesagt (Stubbs, SS. rer. Brit. 90/1, 202). Vgl. im Zusammenhang damit die Sagen über den Tod Silvesters II. n. 973. Ebenfalls als erster überliefert Wilhelm v. Malmesbury (Stubbs, SS. rer. Brit. 90/1, 196 ff.), daß es Gerbert gelungen sein soll, am Marsfeld in Rom ins Innere der Erde einzudringen und hier die Schätze Oktavians-Augustus' zu finden. Vgl. über diese Sagen Schulteß, Sagen 18 ff.; Rochemaure, Gerbert 619 ff.; Bezold, Fortleben 72 ff.; Graf, Miti 235 ff. und Chr. Habiger-Tuczay, Magie und Magier im Mittelalter (1992) 74 ff. Die Sage wurde von späteren Autoren aus Wilhelms Werk übernommen und z. T. in den Pontifikat Silvesters II. datiert. Gebete für Silvester ediert (mit Facs.) aus dem Cod. Vat. lat. 3806 fol. 307 vom Ende des 10. Jh. E. Palazzo in: Guyotjeannin-Poulle, Autour de Gerbert 233 ff.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 855, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0999-04-09_1_0_2_5_0_898_855
(Abgerufen am 24.04.2024).