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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Mit dem gefangenen (n. 817) Papst Johannes (XVI.) wird eine Spottprozession durch Rom veranstaltet.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Leon v. Synada, Epist. (Darrouzès, Épist. 166); Johannes diac., Chr. (Monticolo, FSI. 9/1890, 154); Vita Nili 90 (Giovanelli 127); Lib. pont. (Duchesne II 261); Arnulf v. Mailand, Gesta 12 (Zey, SS. rer. G. 67/1994, 135); Bonizo v. Sutri, Lib. de vita IV 44 (Perels 132); Ano. Zwetlensis (Migne, PL. 213, 1029); Romuald v. Salerno, Chr. (SS. rer. Ital. VII/1, 173); Albert Milioli, Lib. de temp. (MGSS. XXXI 425). Reg.: JL. I p. 495; Böhmer-Uhlirz n. 1262 a. Lit.: Schramm, Basileus 465; Kölmel, Kirchenstaat 53; Uhlirz, Jahrbücher Otto III. 260; Luca, Giovanni Filagato 92; Holtzmann, Kaiserzeit 346; Zimmermann, Papstabsetzungen 110 ff.; Nitschke, Der mißhandelte Papst 40 ff.; Wolter, Synoden 158; Althoff, Otto 102.

Kommentar

Die chronologische Einreihung des Ereignisses ist schwierig, da sich die Quellen widersprechen. Laut Johannes diac. fand die Verspottung des Johannes Philagathos durch die Römer nach dessen Deposition (n. 836) statt (et a Romanis impositus deformis aselli terga, versa fade ad caudam, sub praeconi voce per Romanas regiones ducebatur), was gut zum Zeremoniell einer Absetzung passen würde, die ja die Umkehr des Einsetzungsaktes symbolisieren sollte; vgl. dazu Zimmermann 202 f. Die zeitlich und örtlich den Ereignissen am nächsten stehende Quelle, der Augenzeugenbericht des byzantinischen Gesandten Leon in seinem zitierten Brief an den Ostiarier Johannes in Byzanz, ordnet den Umzug aber deutlich vor das Gericht über Johannes XVI. ein (ἐπόμπευσεν ἐπὶ τούτοιϛ ἔϰτον ὀνίσϰω πτωχῶ σεμνυνόμενοϛ οὐϱαϰϱατῶν ϰαὶ τοῦτον, τὴν δὲ ϰεφαλὴν ἔσϰεπε ἀσϰοῦ παλαιοῦ τεμάχιον τὰϛ πϱοτομὰϛ ἔχον ὀϱθίουϛ· τὸ δ̕ἔβδομον εἰϛ ϰϱίσιν ἦλθε ...).Man könnte danach sogar vermuten, daß der Umzug gleich nach der Gefangennahme und Verstümmelung Johannes' XVI. (n. 817) stattfand und durch Birthilos Schar veranstaltet wurde, wie auch laut dem Cat. Augustensis des Lib. pont., laut dem Ano. Zwetlensis und laut Arnulf v. Mailand anzunehmen wäre. Die Vita des Nilus läßt dagegen den von Gregor V. veranstalteten Umzug durch die Bitte des Nilus um Auslieferung des gefangenen Johannes XVI. veranlaßt sein (‘Ο δὲ ἄγϱιοϛ πάπαϛ ἐϰεῖνοϛ μὴ χοϱτασθεὶϛ ἐφ̕ οἶϛ ἔπϱαξεν ἐιϛ τὸν πϱοϱϱηθέντα Φιλάγαθον· ... πεϱιήγαγεν αὐτὸν πᾶσαν τὴν ‘Ρώμην). Auch laut dem Cat. Estensis im Lib. pont. und laut Alben Milioli hatte Gregor V. die Demütigung seines Gegners durchführen lassen. Daß sie auf Befehl Ottos III. geschah, wie Bonizo (imperator ... ipsum pontificem ... ad dedecus et ignominiam sacerdotalis ordinis per plateas Leoninae civitatis circumduci iussit) und ihm folgend Romuald berichten, widerspricht dem Verhalten des Kaisers (n. 820) laut der Vita Nili. Man kann daher annehmen, daß Gregor V. vor der von ihm vielleicht nur ungern gebilligten Auslieferung seines Gegners an Nilus wenn schon nicht durch ein offizielles Depositionsverfahren, so doch durch den Umzug Johannes' XVI. vor den Römern bloßstellen wollte. Demnach ist auch ein Umzug durch ganz Rom und nicht bloß durch die Leostadt, etwa vom Gefängnis Johannes' XVI. zum Kloster des Nilus (vgl. n. 818), anzunehmen. Daß vorher die Absetzungssynode (n. 836) stattfand, ist schon deshalb unwahrscheinlich, weil die Bitte des Nilus eine Auslieferung des Gefangenen ohne weitere Umstände beabsichtigte und sowohl Vorbereitung als Durchführung der Synode das Einverständnis Gregors V. mit Otto III. voraussetzt, gewiß Aufsehen erregt und Nilus zu einer neuerlichen Intervention veranlaßt hätte. Vgl. außerdem zur Datierung der Synode n. 836.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 819, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0998-03-00_2_0_2_5_0_861_819
(Abgerufen am 24.04.2024).