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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,3

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Otto trifft von Arneburg kommend, das er durch seine Anordnungen gegen feindliche Angriffe gesichert glaubt, in Magdeburg ein, wo er die Mitglieder seiner Kapelle und viele Gelehrte um sich versammelt. Er veranstaltet trotz des bevorstehenden Feldzuges philosophische Dispute, die unter der Leitung Gerberts von Aurillac stattfinden. Einer dieser Dispute gilt der Frage nach dem Wesen der Vernunft und ihrer Anwendung, und als die Anwesenden zu keinem Ergebnis gelangen, erteilt Otto seinem Lehrer Gerbert den Auftrag, eine Abhandlung darüber zu verfassen. Gerbert erbaut ferner ein Gerät zur Feststellung der Polhöhe und der Bewegungen der Gestirne, ein Astrolabium, das allgemein bewundert wird. Er dürfte auch die von ihm gebauten Musikinstrumente dem Kaiser vorgeführt haben.

Überlieferung/Literatur

Thietmar VI c. 100, S. 392: Optime callebat (sc. Gerbertus) astrorum cursus discernere et contemporales suos variae artis noticia superare. Hic tandem a finibus suis expulsus Ottonem peciit imperatorem; et cum eo diu conversatus in Magadaburg oralogium fecit, illud recte constituens, considerata per fistulam quadam stella nautarum duce. ‒ Vgl. Gerberti opera mathem. Hrg. v. N. Bubnow, 27 f.; ferner Richer III. c. 50‒53 (Latouche II) 58 ff. ‒ Lettres de Gerbert (Havet) S. 236 f. An den Kaiser gerichtete Vorrede zu der Abhandlung „de rationali et ratione uti”: Cum in Germania ferventioris anni tempore demoraremur, imperialibus adstricti obsequiis ... nescio quid archani divina mens vestra secum tacite retractans, motus animi in verba resolvit, et quae ab Aristotile summisque viris difficillimis erant descripta sententiis, in medium protulit, ut mirum foret inter bellorum discrimina, quae contra Sarmatas parabantur, aliquem mortalium hos mentis recessus habere potuisse, a quibus tam subtilia ... profluerent. Meministis enim ... affuisse tum multos nobiles scolasticos et eruditos, inter quos nonnulli aderant episcopi sapientia praeclari, et eloquentia insignes.

Kommentar

Vgl. zu dem Aufenthalt in Magdeburg Picavet, Gerbert, 189f.; Schultheß, Gerbert, 21 f., 47; Rochemaure, Gerbert, 100 f., 418 f. ‒ Die zeitliche Festlegung des Magdeburger Aufenthaltes ergibt sich aus dem Umstand, daß die Vorgänge in Arneburg in der ersten Hälfte Juli einen so schweren Rückschlag für die kaiserlichen Streitkräfte gebracht haben, daß der Kaiser persönlich um den 20. Juli den Vormarsch gegen die Liutizen antreten mußte, von dem er erst am 20. August zurückgekehrt ist, um dann sofort die Fahrt nach Köln fortzusetzen (Regg. 1234, 1235). Es bleibt daher kein anderer Zeitraum für einen längeren Aufenthalt in Magdeburg als in der zweiten Hälfte Juni. Es ist auch ausgeschlossen, daß Otto nach den katastrophalen Vorgängen in Arneburg oder nach seinem eigenen Feldzug noch die nötige Muße für jene gelehrten Verhandlungen gefunden hat. Gerbert erwähnt übrigens ausdrücklich, daß der Kampf gegen die Slaven sich im Stadium der Vorbereitung befand (w. o.). ‒ Gerbert wurde einige Zeit später als Hofmusikus in die kaiserliche Kapelle aufgenommen. Vgl. Reg. 1246 b. ‒ Er hatte, als er Ende 983 Bobbio hatte verlassen müssen (Reg. 956 x), seine Musikinstrumente vermutlich in dem Klosterhof Bobbios in Pavia zurückgelassen und dürfte sie erst 996 bei seiner Rückreise aus Italien nach Reims mitgenommen haben. Vgl. dazu Lettres Nr. 70, 91, 92, 163 und Vorarbeiten III.; ferner über seine musikalische Tätigkeit: Schultheß w. o. 21; Picavet, 186; Rochemaure, 99f., 104 ff.; H. G. Farmer, Histor. facts for the Arabian musical influence, c. IV. (1930) 177 ff., 182 f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,3 n. 1229a, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0997-06-14_1_0_2_3_0_813_1229a
(Abgerufen am 28.03.2024).