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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Rücksendung des Bischofs Adalbert von Prag nach Böhmen. ‒ Eine böhmische Gesandtschaft, bestehend aus dem Bruder des Böhmenherzogs (Boleslaw II.) Strahquaz-Christian und Radla, dem früheren Studienkollegen Adalberts, kommt nach Rom, um namens des Herzogs sowie des böhmischen Klerus und Volkes die Rückkehr Adalberts in seine Diözese zu erwirken. Die Gesandten überbringen auch ein Schreiben des von ihnen vorher aufgesuchten Erzbischofs Willigis von Mainz, das ihre Bitten unterstützt und entweder die Rückkehr Adalberts oder die Papsterlaubnis zur Einsetzung eines anderen Bischofs in Prag fordert. Im Namen der Böhmen versprechen die Gesandten völlige Satisfaktion für das dem Bischof angetane Unrecht. Eine Synode berät unter dem Vorsitz des Papstes Johannes XV. über die Rückberufung Adalberts. Die böhmischen Gesandten können hier ihren Wunsch nur mit Mühe gegenüber einer Opposition verteidigen, die Adalbert als Mönch in Rom behalten will. Auch der Papst steht zunächst auf seiten der Mönche. Auf seinen Vorschlag wird endlich die Rücksendung Adalberts doch beschlossen, diesem jedoch die Erlaubnis erteilt, sich bei weiterer Verstocktheit der Böhmen wieder von ihnen abzuwenden. Der Papst übergibt Adalbert Stab und Ring mit dem Befehl, nach Prag zurückzukehren. Der Böhmenherzog erhält die päpstliche Weisung, für die Errichtung eines (Benediktiner)klosters in Böhmen zu sorgen.

Überlieferung/Literatur

Erw.: (Johannes Canaparius), Vita Adalberti 18 (MPH. N. S. IV/1 26 ff.); Brun v. Querfurt, Vita Adalberti 15 (MPH. N. S. IV/2, 18); Versus de passione Adalberti 619 ff. (Uhlirz, Lebensbeschreibung 34 ff.); Passio Adalberti 1 (MGSS. XV 706); Cosmas v. Prag, Chr. I 30 (MGSS. N. S. II 54); Leo v. Ostia, Chr. II 17 (MGSS. XXXIV 201); Ann. Saxo 995 (MGSS. VI 640); Vita Adalberti 7 (MGSS. XV 1180); Urk. Boleslaws II. f. Břevnov v. 993 I. 14 (Friedrich, Cod. dipl. Bohemiae 1348); Pulkawa, Chr. (FRB. V 30). Reg.: Erben, Reg. I 35 n. 82; JL. I p. 488; Boye, QuKat. 64; Böhmer-Uhlirz n. 1074 b u. 1174 a; GP. IV/4, 81 n. *82. Lit.: Voigt, Adalbert 79 ff.; Naegle, Prager Bischöfe 744; Schmidt, Erzbischöfe von Mainz 143; Dvornik, Making 110 ff.; Dvornik. Vojtech 32; Uhlirz, Jahrbücher Otto III. 213; Uhlirz, Lebensbeschreibung 37 ff.; Prokop, Adalbert v. Prag 362.

Kommentar

Die Rückkehr Adalberts nach Böhmen berechnet Voigt 80 ff. u. 261 Anm. 201 auf Herbst 992. Büttner, Willigis von Mainz und das Papsttum 18 f. bringt sie in Zusammenhang mit der Tatsache, daß Bischof Folkhold von Meißen, der während der Abwesenheit Adalberts die Prager Diözese verwaltet hatte, nach einem am 25. März 992 in Prag erlittenen Schlaganfall am 23. Aug. 992 gestorben war. Uhlirz, Lebensbeschreibung 39 Anm. 53 datiert dagegen auf Anfang 992 und äußert die Vermutung, daß ein Aufgebot des Prager Bischofs zusammen mit böhmischen Truppen schon am Slawenfeldzug Ottos III. im Sommer 992 teilnahm; vgl. Böhmer-Uhlirz n. 1074 b. In den Herbst 992 ist jene Verordnung Boleslaws II. anzusetzen, die Adalbert ermächtigt. Verwandtenehen zu trennen, Kirchen zu bauen und Zehnten einzuheben (Böhmer-Uhlirz n. 1074 b), und die dessen Anwesenheit in Böhmen voraussetzt. Bereits 992 muß auch mit dem Bau des Klosters Břevnov bei Prag begonnen worden sein, dessen Weihe am 14. Jan. 993 erfolgte; vgl. Voigt 84. Die Gründungsurkunde Boleslaws für Břevnov ist zwar eine Fälschung (vgl. auch n. 716), doch meint Voigt 83, daß die Bemerkung, die Stiftung sei ex precepto domni Johannis pape erfolgt, auf echter Tradition beruhe. Vermutlich hat Adalbert anläßlich seiner Rückberufung die Bedingung gestellt, aus dem Kloster am Aventin, dessen Mönch er geworden war (vgl. n. 668), Brüder nach Böhmen mitnehmen und hier eine Abtei errichten zu dürfen. In der Tat begleiteten Adalbert dreizehn Mönche aus dem Aventinkloster unter Führung des späteren Abtes Anastasius nach Böhmen (vgl. Voigt 83), und Břevnov wurde neben Benedikt von Nursia auch den Patronen des römischen Stammklosters Bonifatius und Alexius geweiht; vgl. Beck, Studien und Vorarbeiten, III/1: Würzburg 141 Anm. 4. Verschieden sind in den einzelnen Quellen die Angaben, wer die Initiative zur Rückberufung Adalberts nach Böhmen ergriffen hatte. Nach Canaparius und der Pulkawa Chr. hatte sich Erzbischof Willigis der verwaisten Diözese angenommen. Die anderen Quellen schreiben die ersten Bemühungen den Böhmen selbst zu, und so berichten Brun v. Querfurt, die Passio Adalberti und Cosmas sowie die Versus de passione von der Vorsprache der Gesandten bei Willigis, der sie mit einem Empfehlungsschreiben an den Papst verwies. Die Namen der Gesandten überliefert Brun v. Querfurt. Über Strahquaz, der als Regensburger Mönch den Klosternamen Christian führte, vgl. Uhlirz, Lebensbeschreibung 37 f., über Radla, dem Brun v. Querfurt und ebenso das Lobgedicht den Ehrennamen papa geben, Voigt 253 f. Anm. 117 und Chaloupecký in Bratislava 1/1927, 210 ff. sowie die Literaturangaben von n. 716. Die Forderung des Erzbischofs Willigis, anstelle Adalberts etwa einen anderen Bischof in Prag einsetzen zu dürfen, berichtet Cosmas, von dem Versprechen der Böhmen errata corrigere, que deliquerunt solvere, desinere a malis, Studium dare bonis Brun v. Querfurt; vgl. dazu Voigt 80. Die römische Synode schildert Canaparius, Brun und die Versus. Bei Canaparius ist Christian der Führer und Sprecher der Gesandtschaft, der durch seine Beredsamkeit endlich den Sieg davontrug. Die Versus heben dagegen Radla bes. hervor. Den Vorschlag des Papstes, der dann zum Beschluß erhoben wurde, kleidet Canaparius in folgende Worte: Reddimus quod iuste quęrunt, quamvis de bono patre iam degenerassent filii, et dabimus eum hac lege: Si audierint eum, teneant cum Dei benedictione faciantque sub eo fructum centuplum. Si autem a consueta iniquitate sua recedere nolunt, hic noster absque periculo sui capitis malorum consorcia declinet. Cosmas verbindet diese Synode vom Jahre 992 mit jener von 996, die anläßlich der zweiten Rückberufung Adalberts unter Gregor V. abgehalten wurde (n. 756), zu einer einzigen. Ihm folgt die Pulkawa Chr. und läßt den Papst schon jetzt zu Adalbert sprechen: Fili, si te audierint oves tue, ibidem facito fructum bonum, si vero non te audire voluerint, declina ab eorum consorciis et alias Christo lucrare. Vgl. über das Konzil Voigt 81 ff. Eine römische Synode ist für 992 nur noch durch n. 704 bezeugt, doch erscheint diese zu früh für die Datierung der Rückkehr Adalberts; vgl. dazu auch n. 703. Von der neuerlichen Investitur Adalberts mit virga und anulus berichten nur Brun v. Querfurt und Leo v. Ostia; vgl. über die kirchenrechtliche Bedeutung dieses Aktes Voigt 81 ff. Daß der Papst zunächst auf Seiten der Gegner der Rückberufung stand und Adalbert nur ungern aus Rom entließ, wird aus Canaparius und Brun deutlich. Brun schreibt: Abcessus sancti viri contrarius erat domno papa. Canaparius läßt den Papst non tam voluntate quam iure Dei permotus handeln.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 707, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0992-00-00_1_0_2_5_0_744_707
(Abgerufen am 24.04.2024).