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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Der unter dem Vorsitz des Papstes Leo (VIII.) und des Kaisers Otto (I.) tagenden Synode wird der mit den Pontifikalgewändern bekleidete Papst Benedikt (V.) als Gefangener vorgeführt und durch den Kardinalarchidiakon Benedikt als Invasor, Usurpator und Eidbrüchiger angeklagt. Er verzichtet auf eine Verteidigung, bekennt sich vor Leo knieend schuldig und wird für abgesetzt erklärt, jedoch auf Fürsprache des Kaisers im Range eines Diakons belassen und nur aus Rom verbannt.

Überlieferung/Literatur

Erw.: Liudprand v. Cremona, Hist. Ottonis 22 (Becker, SS. rer. G. 41/1915, 174); Cont. Reginonis 964 (Kurze, SS. rer. G. 50/1890, 174); Flodoard v. Reims, Ann. 965 (Lauer 158); Ann. Hildesheimenses 963 (Waitz, SS. rer. G. 8/1878, 22); Gerbert v. Aurillac, Acta conc. Remensis 28 (Olleris, (Euvres 205); Thietmar v. Merseburg, Chr. II 28 u. VI 88 (MGSS. N. S. IX 74 u. 379); Lambert v. Hersfeld, Ann. (Holder-Egger, SS. rer. G. 38/1894, 40); Hugo v. Flavigny, Chr. (MGSS. VIII 364); Hugo v. Fleury, Tractatus (MG. Ldl. II 490); Hugo v. Fleury, Hist. (MGSS. IX 383); Cosmas v. Prag, Chr. (MGSS. N. S. II 41); Sigebert v. Gembloux, Chr. (MGSS. VI 350); Tractatus de investitura (Krimm-Beumann, DA. 33/1977, 82); Ann. Saxo 964 (MGSS. VI 617); Ann. Magdeburgenses 964 (MGSS. XVI 147); Ann. Ottenburani 964 (MGSS. V 4); Clarius v. Sens, Chr. (Bautier-Gilles 98); Radulf v. Diceto, Abbreviationes (Stubbs, SS. rer. Brit. 68/1, 152); Radulf v. Diceto, Cat. (Stubbs, SS. rer. Brit. 68/2, 194); Helinand v. Froidmont, Chr. (Migne, PL. 212, 897); Alberich v. Troisfontaines, Chr. (MGSS. XXIII 769); Ano. Zwetlensis Migne, PL. 213, 1027). Reg.: JL. I p. 468 u. 470; Böhmer-Ottenthal n. 355 c; Boye, QuKat. 56. Lit.: Dümmler, Otto der Große 363 ff.; Hefele-Leclercq, Hist. des conc. IV 817 ff.; Tangl, Teilnehmer 110; Boye, Synoden 260; Metz, Exilierung 119 f.; Zimmermann, Papstabsetzungen 94 f. u. 235 ff.; Zimmermann, Dunkle Jh. 152; Wolter, Synoden 82 ff.

Kommentar

Die eingehendste Schilderung der Synode und der Papstabsetzung findet sich bei Liudprand, der auch den Wortlaut der Anklagerede des Archidiakons überliefert. Benedikt V. soll darauf geantwortet haben: Si quid peccavi, miseremini mei, was Hauck, Kirchengesch. III 236 auf eine nur bedingte Unterwerfung deuten möchte, doch erfolgte laut Liudprand sofort eine eindeutige Selbstbezichtigung Benedikts als Invasor. Über die Absetzungszeremonien gehen die Berichte auseinander. Laut Liudprand hat Benedikt Pallium und Ferula Leo VIII. spontan übergeben, worauf Leo die Ferula zum Zeichen der Deposition (vgl. dagegen Eichmann, Weihe und Krönung 32 f.) zerbrach; vgl. über die Ferula P. Salmon, La ferula (Rev. des sciences rel. 30/1956, 313 ff.). Laut der Cont. Reginonis soll dagegen Leo seinem Gegner die Pontifikalien abgerissen haben (abscindit). Das Urteil verkündete Leo über den am Boden sitzenden Benedikt nach Abnahme auch der Casel, der Planeta und der Stola laut Liudprand mit den Worten: Benedictum, sanctae Romanae et apostolicae sedis invasorem, omni pontificatus et presbiteratus honore privamus; ob elemosinam vero domni imperatoris Ottonis, cuius sumus opera in sedem debitam restituti, diaconatus eum ordinem habere permittimus, et non iam Romae, sed in exilium ... Den Tagungsort überliefert ebenfalls Liudprand (in ecclesia Lateranensi), über die Teilnehmer macht er aber nur summarische Angaben (Episkopat und Klerus von Rom, Italien, Lothringen und Sachsen sowie römisches Volk). Als Zeitpunkt der Synode möchte man die Zeit knapp nach der Kapitulation der Römer (n. 364 f.) annehmen, vielleicht sogar noch den 24. Juni, zumal der Lib. pont. (Duchesne II 251) und das Chr. Suevicum univ. (MGSS. XIII 68) Benedikt V. eine Regierungszeit von zwei Monaten und zwei Tagen zuschreiben, wobei die zwei Monate wohl nicht als Vollmonate zu rechnen sind, sondern Mai und Juni 964 meinen, sofern sie in den Pontifikat Benedikts V. fallen, und die zwei Tage ebenfalls nach römischer Zählung zu verstehen sind. Andernfalls müßte man eine Erhebung Benedikts V. noch vor dem Tode Johannes' XII. (n. 355) annehmen, etwa nach dessen Flucht aus Rom, vgl. n. 353 und n. 357. Auch die meisten anderen Papstkataloge und Quellen schreiben Benedikt eine Sedenzzeit von rund 2 Monaten zu, einige spätere wohl auf Grund eines Irrtums 2 Jahre (vgl. etwa Romuald v. Salerno, SS. rer. Ital. VII/1, 167). Zwei Monate zählt zuerst Hermann v. Reichenau (MGSS. V 115), 2 Monate und 3 Tage Albert v. Stade (MGSS. XVI 298), 2 Monate und 5 Tage das Chr. Vulturnense (Federici, FSI. 58/1925, 91), 2 Monate und 10 Tage Albert Milioli (MGSS. XXXI 423), 40 Tage Jans Enikel (MG. Dt. Chr. III/1, 432). Von einer Vakanz nach seiner Absetzung, die etwa Martin v. Troppau (MGSS. XXII 431) notiert, kann natürlich keine Rede sein. Über die Legitimität Benedikts vgl. die zitierten Arbeiten von Zimmermann. Thietmar v. Merseburg verurteilt Benedikts Deposition und sieht in der noch im Juni 964 im kaiserlichen Heer ausgebrochenen Seuche (vgl. Böhmer-Ottenthal n. 355 g) eine göttliche Strafe: vgl. dazu A. Celli, La malaria nella storia medievale di Roma (Arch. stor. Rom. 47/1924, 15 f.), M. Maisch, Über die Malaria und ihr Wirken in der deutschen Geschichte (1938) 53, auch Schneiderin Arch. f. Kulturgesch. 44/1962, 44 f. und Schlesinger, Kirchengesch. Sachsens 1229. Eine zeitgenössische Kritik ist aus Sdralek, Wolfenbüttler Fragmente 95 f. zu entnehmen. Vgl. dazu auch R. Pokorny in DA. 35/1979, 511 f. Über andere angebliche Beschlüsse des Laterankonzils vgl. auch n. 367 und n. 368.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. 366, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0964-06-00_1_0_2_5_0_390_366
(Abgerufen am 24.04.2024).