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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,3

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Italienzug Liudolfs: Der Sohn Ottos (d. Gr.), Liudolf, Herzog von Schwaben, zieht mit alemannischen Gefolgsleuten (cum Alamannis) ohne Absprache mit seinem Vater (inconsultum patrem), der einen Italienzug plant (in Italiam ire volens), diesem voraus (anticipans) über die Alpen, findet dort aber, weil sein mißgunstiger Oheim Heinrich, Herzog von Bayern, durch Boten, die über Trient nach Italien gezogen sind, die Italiener gegen Liudolf eingenommen hat, nirgendwo Aufnahme (nec civitas nec castellum ... filio regis aperiretur [Cont. Regin.]), so daß er unverrichteter Dinge in die Francia zurückkehrt (Widukind).

Überlieferung/Literatur

Cont. Regin. a. 951, ed. Kurze, S. 165; Widukind III, 6, edd. Hirsch/Lohmann, S. 108 (der den Mißerfolg relativiert: aliquantis ibi urbibus captis et sub custodia traditis, ipse revertitur in Franciam).  Vgl. Ann. Einsidl. a. 952, ed. Pertz, MGH SS III, S. 142 (danach Herim. Aug. Chron. a. 952, ed. Pertz, MGH SS V, S. 114); Ann. Altah. a. 952, ed. v. Oefele, S. 9: Liutolfus Italiam invasit; Benedikt v. S. Andrea [c. 35], ed. Zucchetti, S. 175 Z. 1-4; Atto v. Vercelli, Polypt. c. 10, ed. Goetz, S. 19f. (Übersetzung S. 61f.); Hrotsvit v. Gandersheim, Gesta Ottonis, vv. 608-613, ed. v. Winterfeld, S. 221f. (ed. Berschin, S. 296). Nach dem Brief Rathers v. Verona an Papst Agapit II. von etwa 951 Oktober/November, ed. Weigle, Briefe 7, bes. S. 40 Z. 17, hätte sich auch Rather in der Begleitung Liudolfs damals wieder nach Italien begeben (vgl. Vogel, Ratherius I, S. 141-145; Cervato, Terzo periodo, S. 86f.). Die jüngere Chron. Casin. I, 61, ed. Hoffmann, bes. S. 156 Z. 1 u. 25, erwähnt Liudolfs Anwesenheit in Mailand. – Reg.: B-O 196a.

Kommentar

Der Zug ist nicht genau zu datieren. Die ältere Forschung nahm wegen der Anwesenheit Liudolfs Ende Juli in Wallhausen (D O.I.134 vom 28. Juli) an, Liudolf sei seinem Vater unmittelbar vorausgezogen, womit sich etwa der August ergäbe. Brühl, Fodrum I, S. 453 Anm. 9, datiert den Zug (unter Hinweis auf eine unveröffentlichte Arbeit Hagen Kellers, der annimmt, daß Liudolf in Wallhausen bereits aus Italien zurückgekehrt war) auf etwa Ende April bis Anfang Juni. Auch Althoff, Organisation, S. 136 Anm. 47, geht mit Hinweis auf Keller von einer solchen Frühdatierung aus. Vgl. jetzt Keller, Lernprozesse, S. 32-34; Maleczek, Überlegungen, S. 187. – Mit Anlaß und Motiven des Zuges hat sich insbesondere Wolf, Hintergründe, befaßt. Danach wären es nicht nur jugendlicher Übermut und die Rivalität zu Heinrich von Bayern gewesen, die Liudolf zu seinem Schritt veranlaßt hätten, sondern vor allem erbrechtliche Gründe, da er mit Ida von Schwaben eine Nachfahrin Eberhards von Friaul geheiratet hatte, die mit der künftigen Kaiserin Adelheid verwandt war (vgl. die Stammtafel ebd. nach S. 320 [S. 63]). Gegen eine Überbetonung solcher erbrechtlichen Überlegungen, die auch für das Eingreifen Heinrichs von Bayern eine Rolle gespielt haben sollen (ebd. S. 323 [S. 67]), spricht allerdings, daß Berengar II. von allen Kandidaten für die italische Königswürde zweifellos die besten erbrechtlichen Voraussetzungen besaß und dennoch zunächst nicht zum Zuge kam; vgl. Keller, in: QFIAB 44, S. 548. Mit Hiestand, Byzanz, S. 205, und Zotz, Schwabenherzöge, S. 96-100, wird man daher eher an die Fortsetzung "traditioneller alemannischer Südpolitik" durch Liudolf denken müssen, die durch seine Heirat mit Ida und durch seine Stellung als designierter Thronfolger wahrscheinlich zusätzlich motiviert wurde. Über die Absichten Liudolfs in Italien kann man nur spekulieren. Hiestand, a.a.O., vermutet, daß er die italische Königskrone für sich erstrebt hat. – Daß Liudolf über die Brennerstraße nach Italien gezogen ist, vermutet Mor, L'età feudale I, S. 172f., wegen der Angabe Rathers (s. oben), daß er damals im Gefolge Liudolfs vergeblich versucht habe, in Verona wieder Fuß zu fassen. Dagegen spricht allerdings, daß die Brennerstraße im Herrschaftsbereich seines ihm feindlich gesinnten Oheims Heinrich von Bayern lag und er mit alemannischen Begleitern gezogen sein soll. – Ob im Polypticon Attos von Vercelli (c. 10, a.a.O.) tatsächlich Liudolf gemeint ist (so Schultz, Atto, S. 38), ist strittig; vgl. Goetz, a.a.O., S. 7f.; allgemein zum Polypticon auch Frova, Polittico, bes. S. 58; Staubach, Historia, S. 462f. (Lit.). – Unter der reichen Lit. vgl. noch Köpke/Dümmler, Otto d. Gr., S. 192f.; Fischer, Zug, bes. S. 16f.; Mor, L'età feudale I, S. 172; Fasoli, I re d'Italia, S. 177f.; Dupré Theseider, Ottone I, S. 109; Delogu, Berengario II, S. 31; Engels, Herrschaftsstruktur, S. 275f.; Zotz, in: Handbuch der Bad.-Württ. Geschichte I/1, S. 392f.; Schiefer, Italienerlebnis, S. 448.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,3 n. 2183, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0951-00-00_2_0_1_3_3_751_2183
(Abgerufen am 19.04.2024).