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RI II Sächsisches Haus (919-1024) - RI II,5

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Vor einer unter dem Vorsitz des Papstes Eugen (II.) und des Kaisers Lothar tagenden Synode läßt Bischof Atto (II.) von Vercelli durch den Vogt Bruningus sein Testament verlesen, das der Papst auf Bitte Attos durch Banndrohung sanktioniert.

Überlieferung/Literatur

Druck: F.Gasparolo, Cartario Alessandrino (BSS. 117/1930, 16). Reg.: IP.VI/1, 68 n. † 2 u.VI/2, 12 n. † 16. Lit.: Schultz, Atto von Vercelli 16; Schwartz, Besetzung 297 ff.; E. Pasteris, Attone di Vercelli (Mailand 1925) 8 ff.; R. Ordano, Attone di Vercelli (Vercelli 1948) 24 ff.; S. F. Wemple, Atto of Vercelli (New York 1967) 179 ff.

Kommentar

Zur handschriftlichen und gedruckten Überlieferung der angeblichen Synodalurkunde vgl. G. Biscaro, Le origini della signoria della chiesa metropolitana di Milano sulle valli di Blenio, Leventina e Riviera nell'Alto Ticino (Bollet. stor. della Svizzera ital. 32/1910, 59) und IP. VI/1, 68 n. † 2. Die älteste, im Mailänder StArch. verwahrte Kopie ist stark beschädigt, so daß der lückenhafte Text durch die übrige kopiale Überlieferung ergänzt werden muß, und gibt sich als eine am 14. Okt. 1221 durch Notare beglaubigte Abschrift des verlorenen Originals, dessen Datierung gelautet haben soll: a. regnante dom. Ugo gloriosissimo rege et Lothario filio eius serenissimo imp. aug. a. imp. eius V. feliciter kal. Mar., ind. X., actum in curte Marinca. Es handelte sich aber um eine Anfang des 13. Jh. entstandene Fälschung, welche den Zweck hatte, einigen Besitzansprüchen der Mailänder Kirche im Tessin während der damaligen Auseinandersetzung mit vom Kaiser dort eingesetzten Minsterialen höhere Autorität zu verschaffen. Hierzu wurde das echte Testament Attos vom Jahre 948 ausgestaltet und in plumper Weise eine Papstsynode erfunden, als deren Teilnehmer auch ein Markgraf Berengar (von Ivrea?) und ein Pfalzgraf Guido sowie die Bischöfe Theodor von Albano, Merus von Ostia, Pepo von Porto, Sixtus von Luni, Ansvald von Piacenza, Lodoicus von Tortona, Donin von Parma, Leo von Modena, Ubald von Reggio-Emilia, Liduin von Brescia, Grimoald von Asti, Hugo von Acqui, Daibert von Alba, Rufin von Turin, Giselmund von Genua, Samuel von Albenga, Aldegar von Ventimiglia, Asmund von Ivrea, Wibo von Novara, Donator von Como, Giselmund von Pisa, Fabian von Siena und Bernard von Sutri sowohl im Kontext als auch in den Unterschriften erscheinen. Die Papstunterschrift lautet: Ego Eugenius servus servorum Dei manu me subscripsi. Die Datierung kann nach der angegebenen Indiktion auf 937 berechnet werden. Dazu stimmen aber die angegebenen Regierungsjahre König Hugos von Italien und seines fälschlich als Kaiser bezeichneten Sohnes und Mitregenten Lothar, wonach man auf 940 oder 935 datieren müßte, ebensowenig wie der Papstname Eugen, und von den an der Synode teilnehmenden Bischöfen sind höchstens Daibert von Alba und Asmund von Ivrea als Zeitgenossen bezeugt; vgl. Schwartz 90 u. 115. Das angebliche Testament Attos vermacht der Kirche von Vercelli genannte Besitzungen im Aostatale, verfügt die Aufteilung der schon früher der Mailänder Kirche geschenkten Täler Blenio und Leventina im Tessin unter den Mailänder Klerus, bestimmt die Unveräußerlichkeit dieser Schenkungen, widrigenfalls sie sonst an die Kirchen von Ivrea und Vercelli fallen sollen, verpflichtet den Mailänder Klerus zu zwei Seelenmessen während jeder Fastenzeit und die Mailänder Bürgerschaft zum Schutze des Vermächtnisses und schenkt 12 namentlich genannten Knechten Attos die Freiheit und alle bisher von ihnen erworbenen Güter. Über die beiden Tessiner Täler vgl. Biscaro 36 ff. und K. Meyer, Blenio und Leventina (1911) 257 ff. Biscaro bezweifelt auch die Echtheit des Testamentes von 948 und meint, daß die beiden Tessiner Täler erst am Anfang des 11. Jh. von Erzbischof Arnulf II. von Mailand erworben wurden; vgl. dagegen jedoch Schneider, Entstehung 253 ff. Eine weitere Fassung des Testamentes Attos mit ähnlichen Bestimmungen (Gasparolo 24, vgl. auch IP. VI/1, 69 n. † 3 u. VI/2, 12 n. † 17) soll auf einer am 15. Mai 945 in Mailand tagenden Synode (vgl. n. † 183a) verlesen worden sein, an der auch ein Bischof Roger von Perugia als Legat des Papstes Marinus II. teilgenommen haben soll; vgl. dazu Schwartz 287. Es handelt sich vermutlich ebenfalls um ein Falsifikat, das auch als genealogisches Beweismittel dienen sollte, wird aber neuerdings von Pasteris 8 ff. und Ordano 25 ff. verteidigt.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI II,5 n. †132, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0937-03-01_1_0_2_5_0_140_F132
(Abgerufen am 29.03.2024).