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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,3,2

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Kapitular Widos. - Cap. 1: Bischöfe und Grafen haben in ihren Diözesen und Comitaten gemeinsam für Frieden und Sicherheit (pro pace et salvatione) zu sorgen. Durchziehende auswärtige Truppen sind bei Androhung des Bannes zu friedlichem Verhalten anzuhalten, widrigenfalls sollen die Übeltäter exkommuniziert werden. Säumige Grafen verlieren ihr Amt und müssen dem König 60 Solidi zahlen. Cap. 2: Alle Freien, die von öffentlichen Amtsträgern gegen Friedlose und Räuber aufgeboten werden und sich drücken, zahlen zur Strafe den dritten Teil ihrer beweglichen Habe; die Unfreien büßen mit 40 Stockschlägen durch ihren Herrn. Cap. 3: Grafen und öffentliche Amtsträger, die Arimannen über das gesetzliche Maß hinaus bedrücken, gewaltsam in deren Häuser eindringen, dort ein Placitum abhalten oder sonstige Gewalttaten begehen, verlieren ihr Amt. Cap. 4: Die Arimannen, die dem durch die Grafen übermittelten kaiserlichen Aufgebot zur Verteidigung der patria keine Folge leisten, haben das widrigildum an einen Boten des Kaisers (missus de palatio imperatoris) zu zahlen, es sei denn, sie sind von Rechts wegen freigestellt worden. Cap. 5: Fremdes Eigentum darf von den Empfängern einer hierüber ausgestellten Charta solange nicht in Besitz genommen werden, als die Besitzverhältnisse nicht nach dem Gesetz geklärt worden sind. Cap. 6: Der Fälschung verdächtige Chartae sind einer genau festgelegten Prüfung durch Notar, Zeugen und Eideshelfer zu unterwerfen. Cap. 7: Auf das Vermögen, das jemand seiner Ehefrau per scriptum zum Nießbrauch zuweist, haben auch ihre Enkelkinder, falls einer ihrer Söhne stirbt, Anspruch (filii defuncti cum patruis suis, sicut ceteram hereditatem, ita ipsum usumfructuarium dividant). Cap. 8: Frauen erhalten das Recht, mit dem Einverständnis ihrer Männer (cum viris suis) ihren Besitz zu tauschen und ihr Gesinde frei zu lassen. Cap. 9: Wer einen Richter bedroht oder beleidigt, muß ihm das widrigildum zahlen. Wer ihn der Lüge bezichtigt und ihn deshalb oder aus einem anderen Grunde erschlägt, hat 50 Pfund Gold - jeweils zur Hälfte an die Erben des Richters und an die königliche Kammer - als Strafe zu zahlen. - "Placuit nobis eciam".

Überlieferung/Literatur

Kopien: Mailand, Bibl. Ambrosiana, Cod. O.55.sup. (Liber Papiensis), 11. Jh., fol. 72r-74r (cap. 1-9). Fragmente auch Rom, Bibl. Vat., Cod. Reg. lat. 263,11. Jh., fol. 228v-229v u. 227v, und München, Bayer. Staatsbibl., Cod. lat. 29555/1, Teil E, Einzelblatt. Vgl. Mordek, Bibliotheca, S. 249,376,808f. - Maßgeblicher Druck: MGH Capit. II, Nr. 224 S. 107-109 ("Widonis imperatoris Capitulare Papiense legibus addendum"). - Vgl. De Clercq II, S. 326f.; Werminghoff, Verzeichnis, S. 661. Cap. 1 in ital. Übersetzung nach dem Liber Papiensis bei Piloni, Historia di Belluno, fol. 63r.

Kommentar

Das Kapitular Widos gehört nach der gängigen Einteilung der Kapitularien in die Gruppe der "Capitularia legibus addenda"; vgl. Ganshof, Kapitularien, S. 28-31. Wahrscheinlich ist es nicht vollständig überliefert, wie das unvermittelte Placuit nobis eciam in c. 1 vermuten läßt. Auch ein Prolog dürfte fortgefallen sein. - Speziell zu den Arimannenbestimmungen vgl. Schneider, Burg u. Landgemeinde, S. 112 m. Anm. 1; Tabacco, I liberi del re, S. 37-66 passim; Tabacco, Aristocrazie, S. 245,258. Vgl. noch die Reg. 904 angeführte Literatur sowie Bougard, Justice, S. 52 u.ö.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,3,2 n. 905, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0891-05-01_1_0_1_3_2_906_905
(Abgerufen am 18.04.2024).