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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,2

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Papst Benedikt III. bestätigt (roboramus ) mit Verkündigung an die gallischen Bischöfe (universis episcopis Galliarum ) dem von Königin Bathilde erbauten Kloster Corbie unter Abt Odo (Odo abbas ex monasterio Corbeiae provinciae Galliarum ... in pago Ambianensi ... super fluviu[m] Sumna in honore sanctorum apostol[orum Petri et Pauli et sancti] Stephani ) gemäß den durch Abt Anselm übermittelten Bitten des Abtes Odo von Corbie sowie auf Intervention der Kaiser Lothar (I.) und Ludwig (II.) (Böhmer-Zielinski n. 138A) entsprechend den vorgelegten Urkunden von Bischof Berthefried (von Amiens), von Erzbischof Hinkmar von Reims und der Synode (von Paris) (MG Conc. III 144f.) (n. 373) das freie Verfügungsrecht über den Besitz; verbietet Übergriffe durch den Bischof von Amiens und dessen Vertreter, insbesondere die Abhaltung von Zusammenkünften und Gastmählern unbeschadet der bischöflichen Weihehandlungen; erläßt Perturbationsverbot; bestätigt das Recht der freien Abtswahl sowie die Rechte des Abtes gemäß der Benediktregel; ermahnt (obsecramus ) (König) Lothar (II.) und Kaiser Ludwig (II.), entsprechend dem Vorbild ihres Vaters (Kaiser Lothars I.) und Großvaters (Kaiser Ludwigs des Frommen) Besitz und Rechte des Klosters zu sichern sowie den Erwerb klösterlicher Ämter durch Verkauf oder Geschenk zu verhindern, und benennt den zuständigen Ordinarius sowie den Erzbischof von Reims als Appellationsinstanz bei Verletzung der Wahlbestimmungen.

Scriptum per manum Theodori notarii et scriniarii sanctae Romanae ecclesiae, in mense Octubri, indictione quarta . Datum nonas Octubrias per manum Theophulacti [sec]undiceri[i] sanctae sedis apo[s]tolice, imperante domno nostro piissimo augusto perpetuo Hlothario a Deo coronato magno imperatore anno tricesimo nono et postconsulatus ejus anno tricesimo nono et Hludowico novo imperatore ejus filio, anno septimo, indictione quarta .

Incipit:
Cum Romanae sedis pontificem constet ...

Überlieferung/Literatur

Orig.: Papyrus (688 cm × 66,5 cm), Amiens Bibl. mun.: Ms. 526 G. Kop.: 10. Jh., Berlin StBibl. Preuß. Kulturbesitz: Ms. Phill. 1776 fol. 105r-116v; 11.-12. Jh., Paris Bibl. Nat.: Ms. lat. 17764 fol. 27v-36v; 12. Jh., Paris Bibl. Nat.: Ms. lat. 17762 fol. 24v-34v und fol. 36r-37v (fragm.); 12. Jh., Paris Bibl. Nat.: Ms. lat. 17763 fol. 24r-46v; 13. Jh., Paris Bibl. Nat.: Ms. lat. 17759 fol. 1r-2r (fragm.); 17. Jh., Paris Bibl. Nat: Ms. lat. 17142 fol. 266r-271r; 17. Jh., Paris Bibl. de l'Arsenal: Ms. 4103 fol. 32r-39v 18. Jh., Paris Bibl. Nat.: Coll. de Picardie 53 fol. 19r-25v. Faks.: Mabillon, De re diplomatica 438 Tafel 48 (fragm.); Nouveau traité de diplomatique V 184 Tafel 79; Neues Lehrgebäude der Diplomatik VII Tafel 79; Marini, Papiri dipl. 222 (fragm.); Champollion-Figeac, Chartes sur papyrus Tafel 11, 12; Facsimilés lithographiques de l'Ecole des Chartes n. 22-23; Pflugk-Harttung, Specimina I Tafel 2 (fragm.); Brunel, Bulle sur papyrus Tafel I-XXII. Erw.: Urk. Karls des Kahlen n. 423 von 877, März 29 (Lot-Tessier, Recueil 445); JE 2717; Urk. Karls d. E. n. 41 von 901 Nov. 9 (Lauer, Actes de Charles III le Simple 87-90, 89); Urk. Christophorus' von 903 Dez. 26 (JL 3532, Zimmermann, PUU I 30 n. 17); Urk. Leos IX. von 1050 April 18 (JL 4212); Urk. Innozenz' II. von 1135 Juni 7 (JL 7671, Ramackers, PUU Frankreich IV 101); Urk. Innozenz' II. von 1142 Dez. 17 (JL 8254, Ramackers, PUU Frankreich IV 121); Urk. Eugens III. von 1147 Juli 30 (JL 9108, Ramackers, PUU Frankreich IV 156); Urk. Hadrians IV. von 1157 Jan. 4 (JL 10242, Ramackers, PUU Frankreich IV 192); Urk. Alexanders III. von 1163 März 11 (JL -, Ramackers, PUU Frankreich IV 209); Urk. Alexanders III. von 1170 Dez. 23 (JL 11858, Ramackers, PUU Frankreich IV 256); Urk. Alexanders III. von 1171 Sept. 6 (JL 11903, Ramackers, PUU Frankreich IV 263); Urk. Clemens' III. von 1188 Mai 5 (JL 16223, Ramackers, PUU Frankreich IV 471); Urk. Coelestins III. von 1194 Juli 18 (JL 17141, Ramackers, PUU Frankreich IV 507); Urk. Innozenz' III. von 1198 Dez. 18 (Hageneder/Haidacher, Reg. Innozenz I 710 n. 484); Urk. Honorius' III. von 1217 Feb. 13 (Potthast, Reg. 5458a; Pressutti, Regesta Honorii I 59 n. 336); Dorsualnotiz des 13. Jh. auf Urk. Ludwigs des Frommen von 825 Aug. (Brunel, L'original du diplôme Louis 143). Drucke: Achéry, Spicilegium VI 397; Achery, Spicilegium ²III 343; Labbe-Cossart, Conc. VIII 235; Hardouin, Acta Conc. V 104; Mansi, Coll. XVI 113; Cocquelines-Mainardi, Bull. Rom. I 185; Tomassetti, Bull. Rom. I 295-302; Marini, Papiri dipl. 17 n. 14; Migne, PL CXV 693 und CXXIX 1001; Champollion-Figeac, Documents inédits hist. I 349; Levillain, Examen Critique 266-277; Brunel, Bulle sur papyrus 7-18. Reg.: Bréquigny, Table I 243; J 2008; Pflugk-Harttung, Originalurkunden 493 n. 2; JE 2663; Omont, Bulles sur papyrus 578 n. 3; Melampo, Bolle papali 47f. n. 3; Kehr, Die ältesten PUU 7 n. 3. Lit.: Levillain, Examen Critique 175-182; Krusch, Urkunden von Corbie 353f.; Voigt, Privilegien Corbie 142-148; Grierson, Eudes Ier 165; Hirsch, Untersuchung 372; Szaivert, Klosterexemtion 293; Fichtenau, Arenga 100f.; Boshof, Traditio Romana 8f.; Anton, Klosterprivilegien 107; Lohrmann, Kirchengut 83; Atsma-Vezin, Saint-Denis 217; Ganz, Corbie 33f. und 146.

Kommentar

Zur Überlieferung vgl. außer Levillain auch Ramackers, PUU Frankreich IV 10-12, 17f. und 41. Das Original selbst konnte nicht eingesehen werden, weil laut brieflicher Auskunft der Bibl. communale die Urkunde in einem schlechten Zustand sei und nicht benutzt werden dürfe. Die Beschreibung äußerer Merkmale ist also zur Zeit nur auf der Grundlage des Faksimile von Brunel möglich. Die Urkunde ist in römischer Kuriale geschrieben und mit einer anhängenden Bulle versehen, die auf der Aversseite Benedicti, auf der Reversseite unter einem Kreuz pape als Schrift aufweist (vgl. Brunel Tafel XXII). Der Text des Papyrusoriginals ist vor allem in den Anfangspassagen nur noch schlecht lesbar und muß durch die kopiale Überlieferung ergänzt werden. Die Datumzeile stammt von anderer Hand. Die nur in der Edition von Levillain berücksichtigte Berliner Kopie weist allerdings einige signifikante Abweichungen auf, die Voigt besonders hervorgehoben hat. Vor allem geht es um die Intervention der Kaiser Lothar I. und Ludwig II. (Böhmer-Zielinski 138A) sowie um die Ermahnung an Ludwig II. und Lothar II. An diesen Stellen fügt die Berliner Kopie jeweils Karl (den Kahlen) hinzu (an beiden Stellen ist auf dem Faksimile des Originals nichts von einer möglichen Änderung zu sehen), in dessen Herrschaftsbereich Corbie ja auch lag. Da auch JE 2717 eines Benediktprivilegs auf Bitten Karls (des Kahlen) gedenkt, nimmt Voigt an, daß entweder dort ein Irrtum unterlaufen sei oder wahrscheinlicher Karl der Kahle zusammen mit Abt Odo eine weitere (heute verlorene) Urkunde erwirkt habe, vgl. n. 375 . Die zahlreichen Erwähnungen in den späteren PUU gedenken des Benediktprivilegs in der Regel im Zusammenhang mit der Erwähnung anderer PUU für Corbie; zu der verfälschten Urkunde von Karl dem Kahlen vgl. Lot-Tessier, Recueil II 438ff. Das vorliegende Privileg diente wohl auch als VU für die wahrscheinlich gefälschte Urkunde von Hugo Capet, vgl. Boussard, Diplome de Hugues Capet 58ff. mit Edition und Kennzeichnung der Übernahmen. In Bezug auf den Rechtsinhalt wird die Benedikturkunde zumeist als eines der frühesten Privilegien bezeichnet, das den Übergang vom Königs- zum Papstschutz erkennen läßt, vgl. Boshof. Die Urkunde verwendet auch bezeichnenderweise erstmals ein neues Formular (vgl. Santifaller, LD Forschungsbericht 13) und weist keine Formeln des LD auf, vgl. Santifaller, LD 93. Das neben der Synodalurkunde von Paris vorgelegte Berthefridprivileg von 664 wurde zwar von Levillain in seiner Echtheit bestritten, ist jedoch von Krusch, Urkunden von Corbie 335ff. (mit neuer Edition 367-375) mit guten Gründen verteidigt worden, so daß heute die Echtheit allgemein angenommen wird, vgl. Ewig, Privileg Corbie 538. Bei Krusch sind auch die Übernahmen der vorliegenden Urkunde aus dem Berthefridprivileg zusammengestellt. Zur Betonung des Primates und der besonderen Sorge des Papstes für italische und gallische Klöster vgl. Fichtenau. Zu den rechtlichen Bestimmungen am Schluß der Urkunde vgl. auch die Zuspitzungen in JE 2717, zu denen Fuhrmann, Pseudoisidor. Fälschungen 252f. Stellung genommen hat. Aufgrund der angeführten Personen und der Datierung ist anzunehmen, daß wohl der Verzicht Lothars I. in Rom zwar schon bekannt war, nicht jedoch dessen Tod am 29. September 855 (Böhmer-Zielinski 139). Zu den in der Datierung genannten Personen vgl. Santifaller, Elenco 49f., 51 f. und 257; allerdings ist der Skriniar Theodor (nicht Theodoricus) wohl doch identisch mit dem in n. 410 genannten.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,4,2 n. 374, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0855-10-07_2_0_1_4_2_374_374
(Abgerufen am 19.04.2024).