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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl bestätigt den Brüdern der Kongregation von Saint-Martin (zu Tours) (fratres ex congregatione sancti Martini ... ipsius sancti loci, in quo beatus Martinus corpore requiescit) gemäß der vorgelegten Urkunde seines Vaters (Ludwig d. Fr.) (BM2 909), die dieser ihnen auf Bitten des damaligen Abts Fridugis (Fridegisus) gewährt hatte, Villen zu ihrem Nießbrauch (ad eorum stipendium et usus), so wie es bereits zur Zeit seines Großvaters Karl (d. Gr.) war und von den ehemaligen Äbten Autlandus, Vulfardus und Itherius festgelegt worden ist, bestimmt außerdem, daß den Brüdern aus den übrigen zu Lehen gegebenen Villen ein Drittel der Einkünfte aus dem Geflügel mit den Eiern zufließt, zudem ein Drittel von allem, was dem Grab des hl. Martin, seines Patrons, geschenkt wird, ausgenommen alle zum Schmuck des Grabes bestimmte Gegenstände sowie das zur Beleuchtung der Kirche bestimmte Wachs und Öl, gewährt Exemtion von der Gewalt des gegenwärtigen (Erz-) Bischofs von Tours (Ursmar) wie seiner Nachfolger und beschränkt deren Rechte auf diejenigen, die bereits ihre Vorgänger zur Zeit seines (Karls) Großvaters (Karl d. Gr.), Vaters (Ludwig d. Fr.) und seiner Vorgänger, der Frankenkönige, innehatten. -- Gebetswunsch pro nobis etiam et genitore nostro ac insigni prosapia. -- Bartholomaeus not. ad vicem Hludowici. -- M (aus Kopie). -- a. r. 5, Ind. 7. -- „Si locis Deo“ .

Originaldatierung:
(Non. Ian., Turonis in monasterio sancti Martini)

Überlieferung/Literatur

Kopien: Paris, BnF, Mélanges Colbert 46/I, fol. 79r-v, Abschrift Duchesne 17. Jh., wohl aus der „Pancarta alia“ (E); Paris, BnF, Ms. lat. 13898, Nr. 25 fol. 55v-56v, Abschrift Lesueur von 1643, aus der „Pancarta alia p. 118 et 59“ (F); Paris, BnF, Coll. Baluze 76, fol. 50r-v, Abschrift Baluze 1711 (G); Paris, Arch. Nat., K 186, Nr. 14 und 14bis, 2 Abschriften 18. Jh., beide mit Nachzeichnung des M (H). -- Drucke: Martène / Durand, Veterum scriptorum collectio I, Sp. 106-108, „ex cartario S. Martini“ = Bouquet VIII, Nr. 31 S. 453f. (zu 844); D Ka. II. 61. -- Regg.: Georgisch I, Nr. 3/845 Sp. 106; Bréquigny I, S. 212 (zu 844); B 1552 (zu 844); Mabille, La Pancarte noire, Nr. 46 S. 88f. und Nr. 43 S. 156 (zu 845 Januar 5); Nr. 66 S. 100 und Nr. 47 S. 156f. (zu 845 Dezember 27).

Kommentar

In der Datierung weist das Regierungsjahr auf 845, die Indiktion könnte jedoch zu 844 führen; zur Datierung der Urkunden DD 60-63 auf den Jahreswechsel 844 / 845 statt 843 / 844 vgl. Reg. 451. -- Zu den Aufenthalten Karls in Saint-Martin allgemein und zum Kloster als Ausstellort von Urkunden Karls siehe Reg. 357. -- Zur Überlieferung von Saint-Martin, insbesondere zu den 1793 mit den Originalen verbrannten Chartularen, den erhaltenen Abschriften daraus, den Drucken und dem Wert der verschiedenen Abschriften vgl. Giry, Notices bibliographiques, S. 73-81; auch Mabille, La Pancarte noire, Introduction, S. 1-51; Vaucelle, La collégiale de Saint Martin, S. IX-XXXV. -- Zur Echtheit von DD 61-63 und der Urkunden für Saint-Martin allgemein Tessier, Vorbemerkung zu D 61, der zunächst den Text auch ohne die in die zweite Abschrift interpolierte Besitzliste für verdächtig hielt, jedoch später (Tessier, Les diplômes carolingiens du chartrier de Saint-Martin) rehabilitierte. Es handelt sich wie bei zahlreichen Urkunden für das Martinsstift um eine Empfängerausfertigung. Brühl, Palatium I, S. 102 Anm. 24, weist zu Recht darauf hin, daß der Gesamtbestand der Urkunden für Saint-Martin angesichts der schwierigen Überlieferungslage und der Textprobleme zahlreicher Stücke einer erneuten Untersuchung bedarf. -- Zu D 61 vgl. insbesondere Tessier, Vorbemerkung zu D 60: Das älteste Chartular, die Pancarta nigra (Stein, Bibliographie, Nr. 3934) enthielt zwei voneinander abweichende Abschriften von D 61, deren spätere eine 49 Ortsnamen umfassende Besitzliste aufwies, die nach Aussage von Baluze auch auf dem Rücken des Originals verzeichnet war (dazu Tessier, S. 175 Anm. m); Mabille ging deshalb irrtümlich von zwei Diplomen aus. Die beste Überlieferung bietet Baluze (G), der die Abschriften der Pancarta nigra mit dem Original verglich. Die Besitzliste findet sich wieder in der Urkunde Karls d. Gr. von 775 (D Kar. 97), die nach den Untersuchungen von Gasnault, Documents, S. 193-199, als Fälschung wohl der Mitte des 9. Jh. anzusehen ist. -- Der Notar Bartholomäus, bereits in der Kanzlei Ludwigs d. Fr. tätig, dort zuerst 835 nachweisbar und offenbar für das Kloster Saint-Martin der Mann seines Vertrauens (Tessier, Les diplômes carolingiens du chartrier de Saint-Martin, S. 690f. m. Anm. 2), hat D 61 zwar rekognosziert, nicht aber konzipiert (so ohne weitere Begründung Tessier III, Introduction, S. 65-67); D 61 ist das erste Diplom Karls, das seine Tätigkeit in der Kanzlei belegt, das letzte der insgesamt 26 von ihm unterzeichneten Diplome stammt vom 26. Februar 855 (D 170); zu ihm auch Fleckenstein, Hofkapelle I, S. 150; Dickau, Studien II, S. 62-68; Worm, Karolingische Rekognitionszeichen I, S. 57f. -- Der Text wiederholt Teile aus zwei Vorurkunden Ludwigs d. Fr.: Die Übernahmen aus BM2 909, von Tessier durch Petitdruck gekennzeichnet, umfassen insbesondere die Arenga (Hausmann / Gawlik, Nr. 3096) und die Bestimmungen zu den Einkünften der Brüder aus den zu Lehen gegebenen Villen; der Passus zur Exemtion von der Gewalt des Bischofs von Tours stammt aus BM2 896; vgl. Tessier II, Additions et corrections, S. 669. D 61 läßt jedoch die Wendung aut in vicis vel villis mansionaticos accipiat aus Ludwigs Urkunde fort. Bereits Karl d. Gr. scheint den Brüdern diese Exemtion verliehen zu haben (Lechner, Nr. 314). -- Zu Tours allgemein vgl. Reg. 357. -- Der Abt des Klosters wird in D 61 nicht genannt; daß es sich um Vivian handelt, geht aus D 63 hervor; vgl. dazu auch Reg. 452. Zu Abt Fridugis († 833) vgl. Depreux, Prosopographie, S. 199-203. Die anderen genannten Äbte gehören alle dem 8. Jh. an; vgl. Vaucelle, La collégiale de Saint-Martin, S. 439; zu Itherius siehe Reg. 357. -- Der Passus zu den Einkünften der Brüder aus verschiedenen Villen ist vor dem Hintergrund der Vorurkunde BM2 909 zu verstehen, aus der hervorgeht, daß der Abt einige der Villen, die zum Mensalgut der Brüder gehörten, zu Lehen vergeben hatte. -- Zur Urkunde vgl. noch Lot / Halphen, S. 88 Anm. 1, S. 130 Anm. 1.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. 453, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0845-01-05_1_0_1_2_1_453_453
(Abgerufen am 25.04.2024).