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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl gewährt der Bischofskirche Saint-Just-et-Saint-Pasteur zu Narbonne (mater ecclesia ipsius civitatis que est in honore sanctorum Iusti et Pastoris vel sancte Marie semper virginis) mit dem Kloster Saint-Paul (monasterium quod dicitur sancti Pauli confessoris ubi ipse sanctus corpus requiescit) in der Nähe der Stadt auf Bitten des dortigen Erzbischofs Berarius (vir venerabilis Berarius Narbonensis urbis archiepiscopus) Schutz und Immunität mit Introitusverbot, bestätigt die Bestimmung seiner Vorgänger, nämlich König Pippins (d. Jg.?) (a predecessoribus nostris Pipino videlicet rege et deinceps concessum est), der zufolge die Kirche die Hälfte der Einkünfte, die dem Grafen zukommen, erhalten soll, nämlich derjenigen aus Handel, Schiffahrt, Hafennutzung und Salinen (de quocunque commertio ex quo teloneus exigitur vel portaticus ac de navibus circa littora maris discurrentibus necnon salinis), und verzichtet um seines Seelenheils willen auf die dem Fiskus zustehenden Abgaben. -- Gebetswunsch pro nobis et coniuge proleque nostra ac tocius regni a Deo nobis per immensum concessi. -- Ionas diac. ad vicem Hludovici. -- M (aus Kopie). -- a. r. 4, Ind. 6. -- „Cum peticionibus“ .

Originaldatierung:
(XII. Kal. Iul., in cenobio sancti Saturnini martiris iuxta Tolosam)

Überlieferung/Literatur

Kopien: Paris, BnF, Coll. Baluze 390, Nr. 478, Nachzeichnung 11. Jh., aus dem Or. (B); Paris, BnF, Ms. lat. 11015, Chartularfragment des Erzbistums Narbonne, fol. 14v-15r, Abschrift 12. Jh. (C); Paris, BnF, Coll. Baluze 374, S. 218-220, Abschrift Baluze 17. Jh. (E); Paris, BnF, Coll. Languedoc-Doat 55, fol. 4r-6v, Abschrift Capot 1668 eines Vidimus' von 1318 Juli 1 (F); Paris, BnF, Coll. Languedoc-Bénédictins 40, fol. 65r-66r, Abschrift 18. Jh. (G). -- Drucke: Catel, Mémoire, S. 746f. (Auszug); Besse, Histoire, S. 444f. (Auszug); Le Cointe, Annales VIII, S. 726; Devic / Vaissète1 I, Preuves, Nr. 62 Sp. 80f. (zu 843); Gallia christiana VI, Instrumenta, Nr. 4 Sp. 4f. (zu 843); Bouquet VIII, Nr. 21 S. 442 (zu 843); Devic / Vaissète2 II, Preuves, Nr. 62 S. 631f. (zu 843); Devic / Vaissète3 II, Preuves, Nr. 115 Sp. 237-239; D Ka. II. 49. -- Regg.: Bréquigny I, S. 209 (zu 843); B 1564; Molinier, Catalogue des actes relatifs à l'église de Narbonne, Nr. 17 Sp. 1547.

Kommentar

Die Indiktion ist um eine Einheit zu niedrig; siehe dazu Reg. 405. Zur Ausstellung während der Belagerung von Toulouse siehe Reg. 409. -- Zur Überlieferung und zu Fragen der Echtheit vgl. Tessier, Vorbemerkung: Es liegen zwei Überlieferungsstränge vor, von denen einer auf das verlorene Original (B, C), der andere auf eine interpolierte Version des frühen 13. Jh. (E, F, G) zurückgeht, der zufolge Karl der Kirche von Narbonne außer der Hälfte der Fiskaleinkünfte auch medietatem tocius civitatis zugesprochen habe. Alle Drucke vor Tessier, ausgenommen die Edition durch Molinier in Devic / Vaissète3, geben die interpolierte Version wieder. Auch die auf das Original zurückgehenden Kopien B und C weisen aber eine wohl aus der Zeit um 1066 stammende Interpolation auf, die turribus atque earum estrinsecus adiacentiis innerhalb von Narbonne erwähnt; vgl. dazu neben Tessier auch Molinier, Un diplôme interpolé. -- Von diesen Interpolationen abgesehen, ist der Text zwar nicht zweifelhaft, aber mit einer Reihe von Problemen behaftet: Er folgt weitgehend der Urkunde Ludwigs d. Fr. für Narbonne von 814 Dezember 29 (BM2 557), so -- von Tessier durch Petitdruck gekennzeichnet -- in Arenga (Hausmann / Gawlik, Nr. 507; vgl. Form. imp. Nr. 13), Narratio, Immunitätsformel, Gebetswunsch und Corroboratio, ohne diese jedoch zu erwähnen. Tessier vermutet, daß direkte Vorlage von D 49 eine (verlorene) Bestätigung von BM2 557 durch Pippin I. von Aquitanien gewesen ist. Über die Bestimmungen Ludwigs hinaus geht allerdings Karls Bestätigung der Halbierung der Fiskaleinkünfte zwischen Graf und Bischof; den Verweis auf Pipino videlicet rege beziehen Molinier und Tessier (gegen Sickel, Acta regum II, S. 303 L 35, der für Pippin von Aquitanien plädiert, und Bautier, Vorbemerkung zu D O. 24, S. 106), auf Pippin d. Jg. (751-768); zustimmend Engels, Schutzgedanke, S. 39, 45, und Kaiser, Bischofsherrschaft, S. 89. Demnach ist ein bei Lechner nicht verzeichnetes Deperditum Pippins d. Jg. anzunehmen. -- Zum Notar Jonas siehe Reg. 139. -- Zu Narbonne allgemein und zum Empfänger siehe Reg. 428. Die Immunitätsformel wird wörtlich in der Urkunde Karlmanns D Kn. II. 54 wiederaufgenommen; ähnlich auch in D O. 24; Arenga und Promulgatio dieser Urkunde folgen jedoch nicht -- so irrig Bautier in der Vorbemerkung, S. 111 -- D 49, sondern D 193. -- Erzbischof Berarius (belegt 842-845; vgl. Gams, S. 583) ist Nachfolger des Bartholomäus (828-835/844). Auzias, S. 178 m. Anm. 4, vermutet, daß Karl den ihm feindlich gesonnenen Bartholomäus, der bereits auf der Synode von Diedenhofen 835 (BM2 938c) abgesetzt worden war, während seines Aufenthalts in Aquitanien im Sommer 842 (Regg. 325-330) durch Berarius ersetzt habe. Eine direkte Quelle dafür gibt es nicht; Auzias' Hinweis auf Florus von Lyon, Carmina Nr. 28 (Querela de divisione imperii), ed. Dümmler, S. 559-564, hier S. 560f. V. 37f., führt nur zur Erwähnung des Narbonner Erzbischofs (wie Ebos von Reims) in den Auseinandersetzungen der Jahre 833/834. Im Juni 844 verweigerte eine (synodale?) Versammlung in Rom unter Papst Sergius II. den abgesetzten Bischöfen Ebo und Bartholomäus die Wiedereinsetzung; vgl. Goetting, Die Hildesheimer Bischöfe, S. 70f.; MGH Conc. III, Nr. 5 S. 24-26; Böhmer-Zielinski I, Nr. 26; Böhmer-Herbers, Nr. 32. -- Zur Dotierung der Bistümer im Pyrenäenraum Engels, Schutzgedanke, S. 37-48, insbesondere S. 39; vgl. Kaiser, Bischofsherrschaft, S. 89f., 291-293. -- Zur Urkunde vgl. noch Lot / Halphen, S. 101 m. Anm. 3; Magnou-Nortier, La société laïque, S. 85f.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. 430, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0844-06-20_1_0_1_2_1_430_430
(Abgerufen am 29.03.2024).