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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl gewährt dem Kloster Marmoutier bei Tours an der Loire (monasterium sancti Martini Maioris quod est constructum prope Turonis civitatem super alveum Ligeris) auf Bitten des dortigen Abtes Rainald (vir venerabilis Rainaldus abbas), der Schutz- und Immunitätsurkunden seines Großvaters Karl (d. Gr.) (Dep.) und seines Vaters Ludwig (d. Fr.) (BM2 555) vorgelegt hatte, 〈daß coloni et servi, die Zöglinge der Mönche sind, dem Kloster nicht enfremdet, sondern -- falls sie sich als würdig erweisen -- dem geistlichen Stand zugeführt werden dürfen (quisquis ex fratribus eiusdem congregationis de colonis aut servis sancto Martino olim attributis aliquem nutrierit aut docuerit, ex quacumque sit villa aut beneficio, a nemine inde subtrahatur, sed cuius fuerit alumnus habeat licentiam, si dignus fuerit, ad sacerdotale onus provehere sine aliqua alicuius insultatione)〉, bestätigt Immunität und Schutz mit Introitusverbot, verleiht Freiheit von acht (genannten) Zöllen und verzichtet auf die aus dem Besitz des Klosters dem Fiskus zustehenden Abgaben. -- Gebetswunsch pro nobis et coniuge proleque nostra et stabilitate totius regni nostri a Deo nobis conlati. -- 〈Pön 30 Pfund Gold.〉 -- Aeneas not. ad vicem Hludowici. -- M (aus Kopie). SR (aus Kopie). -- a. r. 4, Ind. 6. -- „Si erga loca“ .

Originaldatierung:
(IIII. Kal. Ian., in Turonis in monasterio sancti Martini)

Überlieferung/Literatur

Kopien: Angers, Arch. dép. de Maine-et-Loire, 39 H 11, fol. 75v, Abschrift 13. Jh. im Chartular des Priorats Chemillé (C); Paris, BnF, Ms. lat. 54414, S. 1-3, Abschrift 17. Jh. von o. für Gaignières (E); Paris, BnF, Ms. lat. 12878, fol. 23r-v, Abschrift Martène 17. Jh., „ex autographo“ (F); Paris, BnF, Coll. Moreau 1, fol. 154r-155v, Abschrift Eyme 18. Jh. (G). -- Drucke: Mabillon, Annales ordinis s. Benedicti II1, Nr. 65 S. 746 = II2, Nr. 65 S. 694f. = Bouquet VIII, Nr. 27 S. 449f.; Gallia christiana XIV, Instrumenta, Nr. 25 Sp. 31-33, „e chartulario Maioris Monasterii“ (zu 844); Giry, Un diplôme royal interpolé, Nr. 2 S. 193-196; D Ka. II. 31; Stoclet, Immunes, S. 469f. -- Regg.: Georgisch I, Nr. 5/843 Sp. 102; Bréquigny I, S. 210; B 1548.

Kommentar

Bei D 31 handelt es sich um eine Ende 10. / Anfang 11. Jh. durch Interpolationen verfälschte, jedoch sachlich echte Urkunde. Zur noch im 18. Jh. vorliegenden Urschrift der Fälschung vgl. Giry, S. 187-189, und Tessier; Nachzeichnung der Signumzeile mit dem Monogramm in E (S. 3), des Monogramms in G (fol. 155v), des Rekognitionszeichens mit Hinweis auf das verlorene Siegel in E. -- Die Indiktion ist um eine Einheit zu niedrig berechnet. Zum Ausstellort vgl. Reg. 357, zum Itinerar Reg. 398. -- Das Formular ist kanzleigemäß, Datum und Ausstellort fügen sich ins Itinerar Karls, und am Vorliegen eines echten Diploms für Marmoutier, das die Vorurkunden Karls d. Gr. und Ludwigs d. Fr. bestätigte, ist daher nicht zu zweifeln. Die verfälschenden Interpolationen, insbesondere bezüglich der coloni und servi und der Pönformel, werden von Giry auf Ende 10. / Anfang 11. Jh. datiert, von Tessier, Vorbemerkung zu D 31, auf die Zeit kurz nach der Urkunde Rudolfs von 932 (D R. 34), der sie neben einer Urkunde Rudolfs für Saint-Martin zu Tours als Vorlage diente; diese ist jedoch ihrerseits eine Fälschung der 2. H. 10. Jh., dazu Dufour, Vorbemerkung zu D R. 34. Über Giry und Tessier hinausgehend hält Stoclet, Immunes, S. 140-142, 469f., auch die Zollbefreiung für Interpolation des 11. Jh. -- Die Arenga (Hausmann / Gawlik, Nr. 2747) ist in Anlehnung an die verbreitete Arenga in der Vorurkunde Ludwigs d. Fr. (Hausmann / Gawlik, Nr. 2753, nach Form. imp. Nr. 11b) formuliert, wie der gesamte Text mit Ausnahme der Interpolationen eng der Vorurkunde folgt, vom Herausgeber durch Petitdruck gekennzeichnet. Eine ähnliche Pönformel wie in D 31 findet sich, ebenfalls interpoliert, in D 242 für Saint-Martin zu Tours. Zur Überlieferung von Marmoutier allgemein Barthélemy, Note sur les cartulaires. -- Zum rekognoszierenden Notar Aeneas Reg. 343. Die im Text angeführte Vorurkunde Karls d. Gr. ist verloren (Lechner, Nr. 306), die überlieferte Vorurkunde Ludwigs d. Fr. (BM2 555) datiert von 814 Dezember 3. Karl urkundete noch zweimal für Marmoutier (DD 74, 147). -- Zum Empfänger, dem am nördlichen Ufer der Loire außerhalb der Stadtmauern von Tours gelegenen, vom hl. Martin gegründeten Kloster Marmoutier (dép. Indre-et-Loire, arr. Tours), im 13. Jh. eines der größten Klöster des Abendlandes, das 1818/19 fast völlig zerstört wurde, vgl. Martène, Histoire de l'abbaye; Delalande, Histoire de Marmoutier; Vieillard-Troiekouroff, Les monuments, Nr. 144-147 S. 155-157; Lelong, Études; Pietri, La ville de Tours, S. 421-430, Lelong, L'abbaye, besonders S. 13-26, 144-151; vgl. auch Farmer, Communities. -- Daß der hier genannte Abt Rainald, Bruder des Vivian, als Abt von Marmoutier Nachfolger des Seneschalls Adalhard gewesen sei, wird vielfach behauptet (Lot, Note sur le sénéchal Alard, S. 593f.; Oury, Saint-Martin, S. 43f.; Lelong, Études, S. 283; Ders., L'abbaye, S. 24), ohne daß es belegt werden könnte; Adalhard wird in keiner Quelle als Abt von Marmoutier bezeichnet. Rainald starb nicht 844, wie Werner, Untersuchungen (1959), S. 180, angibt, sondern wird noch Mitte 845 als Petent für Marmoutier genannt (D 74) und reiste 846 mit Klerikern seines Klosters nach Rom, um die Reliquien des hl. Gorgonius für Marmoutier zu erwerben; 846 Mai 19 gestattete Papst Sergius II. ihm die Translatio (Böhmer-Herbers, Nr. 58). -- Zur Urkunde vgl. noch Lot / Halphen, S. 88 Anm. 1.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. (†)401, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0843-12-29_1_0_1_2_1_401_401
(Abgerufen am 20.04.2024).