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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl bestätigt den Mönchen des Klosters Saint-Riquier (viri religiosi monachi ex monasterio Centulo, praeclarissimi scilicet confessoris Christi Richarii) auf ihre Bitte hin eine vorgelegte Urkunde seines Vaters Ludwig (d. Fr.) (BM2 874), der zufolge Ludwig den Mönchen aus dem Besitz des Klosters (abbatia) 18 (genannte) Villen mit Pertinenzien zu ihrem Unterhalt (usibus et stipendiis eorumdem monachorum) zugewiesen und verfügt hatte, daß weder der Abt noch irgendjemand sonst diese entziehen, vermindern, anderweitig verwenden oder daraus Abgaben fordern dürfe. -- Gebetswunsch pro salute eiusdem genitoris nostri et felicitate nostra et coniugis proleque sive stabilitate regni nostri. -- Meginarius not. ad vicem Hludovici. -- a. r. 4, Ind. 6. -- „Si servorum“ .

Originaldatierung:
(XII. Kal. Iun., Compendio palatio regio)

Überlieferung/Literatur

Kopien: Paris, BnF, Ms. lat. 12893, fol. 208v-209r, Abschrift Duchesne 17. Jh. des Chronicon Centulense des Hariulf, aus dem vermutlichen Autograph (zu 844) (E); Amiens, Bibl. Municipale, Ms. 531, fol. 55f., Abschrift 17. Jh., aus E (F); Paris, BnF, Ms. lat. 11733, fol. 238v-239r, Abschrift 17. Jh., aus Druck bei Achery (G). -- Drucke: Achery, Veterum aliquot scriptorum spicilegium IV (1661), S. 493f. (zu 844), aus E = Le Cointe, Annales VIII, S. 693f. = Bouquet VIII, Nr. 9 S. 434f. (zu 842 Dez. 21); Achery, Spicilegium, ed. La Barre, II (1723), S. 314f. (zu 844), aus Achery (1661) und dem vermutlichen Autograph des Hariulf = Hariulf, Chronicon Centulense, Migne PL 174, Sp. 1268f.; Hariulf, Chronicon Centulense, ed. Lot, S. 107f. (zu 844 Mai 16); D Ka. II. 22. -- Regg.: Georgisch I, Nr. 3/incerti anni Sp. 101; Brequigny I, S. 206 (zu 842).

Kommentar

Die Angaben zu Tag und Regierungsjahr verweisen auf 844 Mai 21, die Indiktion auf das Jahr 843; eine Ausstellung der Urkunde in Compiègne im Mai 844 ist jedoch ausgeschlossen, da Karl in diesem Jahr von Mai bis Juli in Toulouse weilte (Reg. 409) und der Notar Meginarius sich in dieser Zeit nicht in seiner Begleitung findet. Tessier, Vorbemerkung, verwirft die Datierungsvorschläge von Bouquet (842 Dezember 21) und Lot / Halphen, S. 62 Anm. 5 (843 Juni 20) und hält eine Korrektur des Regierungsjahres von 3 auf 4 durch Hariulf (wie auch sonst für ihn belegt; vgl. Hariulf, Chronicon Centulense, ed. Lot, S. 106 Anm. 1) für die wahrscheinlichste Erklärung, plädiert somit für eine Datierung auf 843 Mai 12. Damit würde die Indiktionsangabe stimmen (zu den nachweislichen Schwierigkeiten der Kanzlei bei der Indiktionszählung vgl. aber Tessier III, Introduction, S. 121-123), und der Ausstellort würde sich ins Itinerar Karls fügen. Karl, der sich seit Ende Februar in Aquitanien aufhielt (Reg. 358), wäre dann gegen Ende Mai in die Francia zurückgekehrt. Die Erwähnung der Gemahlin im Gebetswunsch schließt die von Nelson, Public histories, S. 280f. m. Anm. 125 vorgeschlagene Datierung auf 842 aus; der Einschluß der Nachkommenschaft spricht aber auch gegen 843, wenn man nicht annehmen will, daß es sich um einen Hinweis auf eine Schwangerschaft Ermentruds handeln könnte; das erste Kind aus der Ehe Karls mit Ermentrud wurde noch im Jahre 843 geboren (Reg. 399). -- Zur Pfalz in Compiègne allgemein vgl. Reg. 241. -- Die Überlieferung geht ganz auf das Chronicon Centulense des Hariulf aus dem Ende des 11. Jh. zurück, dessen vermutliches Autograph 1719 beim Brand des Klosters Saint-Riquier vernichtet wurde; dieses Autograph diente E als Vorlage und konnte offenbar auch für die 2. Aufl. von Achery (1723) noch eingesehen werden; vgl. dazu Hariulf, Chronicon Centulense, ed. Lot, Introduction; Lot, Nouvelles recherches, und Giry, Notices bibliographiques, S. 92f., vgl. auch Stein, Bibliographie, Nr. 3549 (ohne Kenntnis von E), Nr. 3550f.; zu Hariulf auch Evergates, Historiography. -- Die Arenga (Hausmann / Gawlik, Nr. 3649) wird in DD 58 und 183 sowie D Lo. 36 für denselben Empfänger wiederaufgenommen; dabei ist jedoch zu bedenken, daß Duchesne in seiner Abschrift der Chronik des Hariulf (E) bei wörtlichen Übernahmen aus den Vorurkunden nur die ersten Worte wiedergibt und dann „ut in praeced.“ o. ä. anmerkt; die übrigen Hss. und ältesten Drucke sind alle von Duchesne abhängig, und die 2. Aufl. von Achery, für die das verlorene vermutliche Autograph des Hariulf herangezogen wurde, verfährt wie Duchesne. Tessier ergänzte in den Urkunden für Saint-Riquier die fehlenden Passagen nach den Vorurkunden und kennzeichnete sie durch Petitdruck als wörtliche Übernahmen (!). -- Aus der Vorurkunde BM2 874 wurden die Besitzliste, die Bestimmungen zur Abgabenfreiheit und die Corroboratio übernommen. -- Zum rekognoszierenden Notar Meginarius siehe Reg. 187. -- Das Kloster Saint-Riquier oder Centula (dép. Somme, arr. Abbeville, con Ailly-le-Haut-Clocher), gelegen in der Nähe der ursprünglichen Grablege des hl. Richarius, Forest-Montiers, hatte sich im 8. Jh. unter Abt Angilbert (790-814) zu einem der bedeutendsten Klöster der Francia entwickelt; Karl d. Gr. schenkte dem Kloster 797 die Zelle Forest-Montiers (D Kar. 182), Ludwig d. Fr. bestätigte 830 den gesamten Besitz (BM2 874); Karl selbst urkundete noch mehrfach für Saint-Riquier (DD 58, 183, 306, 313, 315, 333), das 881 von den Normannen zerstört wurde und danach seine vorherige Bedeutung nicht wiedererlangte. Vgl. zur Geschichte des Klosters Hénocque, Histoire; auch Evergates, Historiography, S. 36-38. -- Auffällig ist, daß die Urkunde, wie allerdings auch die Vorurkunde Ludwigs d. Fr., keinen Abt nennt; zur umstrittenen und nicht gelösten Frage, ob der für 842 bezeugte Abt Richbod Vorgänger von Nithard war, der sich vom Hof Karls nach Saint-Riquier zurückgezogen hatte (vgl. Reg. 358), oder ob Richbod und Nithard eine zeitlang nebeneinander Äbte von Saint-Riquier waren, der eine regulär, der andere als Laienabt, vgl. zuletzt Wattenbach / Levison / Löwe III, S. 355f., Nelson, Public histories, S. 291-293 (mit der älteren Lit.), und Krah, Die Entstehung, S. 176-180; vgl. noch Treffort, Nithard, S. 428-431 (folgt Nelson). Zu den immer in sehr enger Beziehung zur Herrscherfamilie stehenden Äbten von Saint-Riquier allgemein Laporte, Étude chronologique, und Voigt, Die karolingische Klosterpolitik, S. 93f. -- Die Villen, bis auf eine alle identifiziert durch Tessier, liegen zumeist im heutigen dép. Somme in der Nähe von Abbeville und Amiens, zwei auch im dép. Oise und drei im dép. Pas-de-Calais bei Montreuil. -- Vgl. noch Tessier II, Additions et corrections, S. 667.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. 363, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0843-05-21_1_0_1_2_1_363_363
(Abgerufen am 19.04.2024).