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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,2,1

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Karl und Lothar (I.) kommen nach Verhandlungen durch Unterhändler und nachdem sich Lothars Hoffnung auf Zuwachs seiner Truppen nicht erfüllt hat, zu einer Übereinkunft: Lothar bietet Karl Aquitanien, Septimanien, die Provence und zehn Grafschaften zwischen Loire und Seine (Aquitaniam, Septimaniam, Provinciam et decem comitatus inter Ligerim et Sequanam) unter der Bedingung an, daß er bis zu einem Treffen am 8. Mai in Attigny (donec Atiniacum VIII idus maias conveniant) dieses Gebiet nicht verlasse; die Großen auf Karls Seite (primores ... partium Karoli) akzeptieren im Gefühl der eigenen Unterlegenheit (cernentes negotium vires suas excedere maximeque timebant ne forte praelio commisso in tanta paucitate regem suum salvare difficile possent) das Angebot und stellen ihrerseits die Bedingung, daß Lothar künftig Karl ein treuer Freund (fidus amicus) sei, wie es einem Bruder zukomme, daß Karl ferner die ihm zugewiesenen Reiche in Ruhe besitzen könne (regna quae illi deputabat quieta habere faceret) und Lothar vorerst keinen Angriff auf Ludwig (d. Dt.) unternehme (interim super Lodhuvicum hostiliter ire desiisset); andernfalls sollten auch sie von der eingegangenen eidlichen Verpflichtung entbunden sein (iure quod iuraverant absoluti esse deberent).

Überlieferung/Literatur

Nithard II, c. 4, ed. Lauer, S. 48. -- Vgl. BM2 1075c.

Kommentar

Als Zeitpunkt der Verhandlungen vermutet Lauer, a.a.O., S. 49 Anm. 3, die Zeit kurz vor dem 11. November, dem Tag, an dem der Waffenstillstand zwischen Lothar und Ludwig d. Dt. (BM2 1070d) auslaufen sollte; so auch Meyer von Knonau, Über Nithards vier Bücher, S. 21 m. Anm. 94; vgl. auch Krah, Die Entstehung, S. 59 Anm. 71. In Karls Forderung an Lothar, bis zum Treffen in Attigny auch Ludwig nicht anzugreifen, sieht Nelson, Charles the Bald, S. 109, ein Indiz dafür, daß Karl sich zuvor bereits mit Ludwig verständigt hatte; vgl. auch Schneider, Brüdergemeine, S. 137; zu Inhalt und Bedeutung der Abmachungen sowie zur führenden Rolle der Großen Krah, Die Entstehung, S. 56-58. -- Da Lothar, Nithards Bericht zufolge, trotz der Übereinkunft umgehend und noch bevor die Unterhändler ihn verlassen hatten (antequam idem qui haec iuraverant domo egrederentur), versuchte, einige der Großen auf seine Seite zu ziehen, am nächsten Tag tatsächlich einige gewinnen konnte und gleichzeitig in die Karl zugesprochenen Reichsteile Boten sandte, die verhindern sollten, daß diese sich Karl unterwarfen, fühlten sich Karls Anhänger nicht mehr an die Übereinkunft und an ihren Eid (sacramentum) gebunden, wie Nithard eigens betont. -- Lothar zog nach den Verhandlungen von Orléans aus in südöstlicher Richtung nach Burgund (DD Lo. I. 50, 51). -- Vgl. Meyer von Knonau, Über Nithards vier Bücher, S. 21; Dümmler, Geschichte I, S. 147f.; Lot / Halphen, S. 20; Zatschek, Die Reichsteilungen, S. 186ff.; Schneider, Brüdergemeine, S. 136f.; Pietzcker, Die Schlacht, S. 323f.; Patze, Iustitia, S. 155; Nelson, Charles the Bald, S. 109, 112; Krah, Die Entstehung, S. 33, 55.

Nachträge

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Empfohlene Zitierweise

RI I,2,1 n. 129, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/0840-11-00_1_0_1_2_1_129_129
(Abgerufen am 20.04.2024).