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RI VI Rudolf I. - Heinrich VII. (1273-1313) - RI VI,2

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Königswahl Adolfs von Nassau. Als dem pfalzgrafen Ludwig (RI. VI 2 n. 8) in erzbischof Siegfried von Köln (RI. VI 2 n. 9) ein gegner gegenübertrat, der wie der pfalzgraf den eigenen kandidaten ohne rücksicht auf die anderen wähler durchsetzen wollte, drohte – worauf auch das heranrücken herzog Albrechts von Österreich gegen Frankfurt (Ann. Sindelfing., MG. SS. 17, 307 z. 9; Österr. Rchr. v. 60060/1; vgl. Ann. Colm. mai., MG. SS. 17, 219 z. 17; dazu Preger Albrecht u. Adolf2 25 anm. 1; 2) zu deuten scheint – die gefahr einer zwiespältigen wahl. Eine solche aber wollte offenbar der erzbischof von Mainz verhüten. Es war ihm das dadurch erleichtert, daß der Kölner, als er sich von Adolf dessen versprechungen beurkunden ließ, anscheinend schon mit den von könig Wenzel zu der wahl bevollmächtigten boten ernstlich verhandelte (vgl. den nachtrag zu der wahlkapitulation, RI. VI 2 n. 9 § 24; ferner RI. VI 2 n. 10). Als diese nach Frankfurt kamen, wird es endgültig klar geworden sein, daß der widerstand Böhmens eine wahl Albrechts unmöglich machte. So wurde die stimme Wenzels für den kölner kandidaten gewonnen. Wir wissen nicht, wie weit außer Siegfried (vgl. Rchr. v. 58220–230 über Siegfrieds einwirkung auf Gerhard) auch der Mainzer dazu beitrug, jedenfalls entschied sich Gerhard, zu dessen verwandtschaft Siegfrieds worringer waffengefährte ebenso zählte wie zu der des Kölners, nicht nur – wobei sein verhältnis zu dem landgrafen von Hessen bedeutung erhielt (vgl. RI. VI 2 n. 13 u. 15) – selber für die kölnische sache, sondern brachte es auch dahin, daß die böhmischen boten ihm die stimme könig Wenzels übertrugen (vgl. Königs. GQ. c. 46, ed. Loserth 120/21). Er gewann damit wohl ohne schwierigkeiten (vgl. RI. VI 2 n. 3; dazu das in VI 2 n. 15 über die brandenburgische stimme gesagte) die drei stimmen, mit denen noch am 13. april der pfalzgraf gehofft hatte, die wahl zu entscheiden, nahm aber zugleich nicht nur dem pfalzgrafen die führung aus der hand, sondern auch dem Kölner. Mit diesen dingen wird es zusammenhängen, daß Gerhard den wahltermin vom 2. auf den 5. mai hinausschob (RI. VI 2 n. 12). Am 5. mai – die erzählenden quellen geben das datum recht unzuverlässig an, vgl. die zusammenstellung bei Vogt Reg. d. Erzb. v. Mainz 1, n. 258 – kam es dann in der frankfurter dominikanerkirche wirklich zur wahl, dort „wohl deshalb, weil die stifts- und pfarrkirche zum hl. Bartholomäus, welche in der ersten hälfte des folgenden jahrhunderts größtenteils neu gebaut wurde, damals schon baufällig oder teilweise abgerissen war”, vgl. dazu Schliephake Gesch. v. Nassau 2, 333 anm. 3. Dort wählte Gerhard nun Adolf zum könige, ohne in der urkunde, die er wenige tage später darüber ausstellte (VI 2 n. 12) und außer der uns beurkundungen über die wahl nicht erhalten sind, ein einvernehmen mit einer anderen wahlstimme als der des königs von Böhmen hervorzuheben. Die wahl Adolfs wurde durch Gerhards kürruf entschieden, der eine einigung aller nicht zur voraussetzung hatte, sondern sich auf die führende rolle der mainzer stimme und auf deren durch die übereinstimmung mit Köln und Böhmen entstandenes übergewicht gründete.

Archival History/Literature

In unserer überlieferung ist dieser sachverhalt nur undeutlich und in entstellter form zu erkennen, vgl. insbesondere: Siegfried von Ballenhausen c. 235 MG. SS. 25, 711 z. 42–44; Chron. Colm. MG. SS. 17, 257 z. 36; Ann. Osterhov. MG. SS. 17, 550 z. 40; Königs. GQ. c. 46, ed. Loserth 121 z. 16 f.; Österr. Rchr. v. 59023 ff.; Levold v. Northof Chron. d. Grafen v. d. Mark, ed. Zschaeck MG. SS. Nova ser. 6, 50 z. 16–19; Chron. de gestis principum, ed. Leidinger 46 z. 6, ebd. 45 z. 22, dazu MG. C. 5, 731 z. 11 (n. 909 § 21).

Commentary

Im einzelnen s. meine Studien (II) 11–31 (27 anm. 74 ist zu lesen: „in electione facienda minime concordarunt” etc.); auf grund dieser ausführungen gibt auch Stutz (Zs. d. Savignystift., germ. abt. 51, 572/3, vgl. bes. 573 z. 14 ff.), obwohl er den formalen standpunkt des juristen stärker betont wissen möchte, zu, daß eine „gesamtkurfürstliche ermächtigung oder gar beauftragung”, also eine „wahre electio per unum” nicht stattgefunden zu haben braucht, sondern höchstens ein „stillschweigendes geschehenlassen”. Frühere erörterungen über die wahl (vgl. dazu Studien [II] 11/12 anm. 1): G. Droysen Albrechts I. Bemühungen um die Nachfolge im Reich (Leipzig 1862) 15–31; L. Ennen Die Wahl des Königs Adolf von Nassau (Cöln 1866); O. Lorenz Über die Wahl des Königs Adolf von Nassau (Wien 1867) in d. SB. der Wien. Akad. 55, 195–242 (mit teilweise ganz willkürlichen wahlregesten [225–228]); Schliephake Gesch. von Nassau 2 (Wiesbaden 1867), 297–373; W. Preger Albrecht von Österreich und Adolf von Nassau2 (Leipzig 1869) 15–24; L. Schmid Die Wahl des Grafen Adolf v. Nassau zum römischen König (Wiesbaden 1870); Roth Gesch. d. K. Ad. (W. 1879) 126 ff.; F. Heymach Gerhard v. Eppenstein Erzbischof von Mainz (Straßburg 1880) 27–33; A. Busson Die Wahl Adolfs v. Nassau (Wien 1887) in d. SB. d. Wien. Akad. 114, 9–85 (= Beitr. z. Krit. d. steyer. Reimchr. II); H. Schrohe Die polit. Bestrebungen Erzb. Siegfrieds v. Köln II (Köln 1899) in d. Annal. d. histor. Ver. f. d. Niederrhein 67, 73–84, 85 ff.; 68, 54 ff; W. Pfeffer Die böhm. Politik unter K. Wenzel II. (Halle 1901); F. Gräbner in d. Mitt. d. Ver. f. Gesch. d. Deutschen in Böhmen 42, 18–24 (Prag 1904); G. Ryll Die böhm. Politik bei der Königswahl Adolfs v. Nassau (Marburg 1909).

 

Verbesserungen und Zusätze:

z. 51. Jüngst möchte H. Mitteis Die deutsche Königswahl (1938) 181 die wahl Adolfs wieder als eine wirkliche electio per unum bezeichnen. Ich glaube, daß man in dieser mehr formaljuristischen frage doch äußerstenfalls die zuletzt von Stutz vertretene auffassung wird gelten lassen dürfen. — In diesem Zusammenhang ist auch die äußerung verständlich, die (offenbar auf grund irgendeiner nachricht aus Deutschland) Ferreto von Vicenza ed. Cipolla [Fonti per la storia d'Italia 42,] 60 z. 21/3 dem Mainzer selber in den mund legt: nee quidem Adulphum iuste delectum esse, cum iudicii sui decretum ceteri inaudita voce neglexerint. Nach einer Weltchron, des 14. jahrh. wäre Adolf nicht ausschließlich der kandidat des Kölners, sondern auch der des Trierers gewesen (iste vero Gerardus ... ex sequela archiepiscoporum Treverensis et Coloniensis primo dictum Adolphum de Nassau in regem Romanorum eligi procuravit); vgl. Busson, SB. d. Wien. Akad. 117 n. 14, 1 anm. 1.

Nachträge

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Cite as:

RI VI,2 n. 11, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1292-05-05_1_0_6_2_0_11_11
(Accessed on 18.04.2024).