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[RI XIII] Friedrich III. (1440-1493) - [RI XIII] H. 2

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K. F. übergibt Abt Johann von Kempten diesen Urteilsbrief in Buchform. Folgende Gerichtsverhandlungen werden darin wiedergegeben: [1] Am 11. März 1465 ist das kaiserliche Kammergericht unter Bischof Ulrich von Passau, dem Kanzler, mit den Räten und Rechtsgelehrten zusammengetreten. Hier ließ Abt Johann von Kempten den kaiserlichen Ladebrief vor Gericht verlesen1. Da die gütliche Einigung zwischen dem Kloster und der Stadt Kempten, von der im Ladebrief die Rede ist, nicht zustandegebracht wurde, meinte der Abt, daß es ihm nun gebühre, die Klage vorzubringen. Dagegen sagten die Vertreter der Stadt Kempten, daß sie auf eine Klage nicht antworten müßten. [2] Am 6. März 1467 wurde zu Recht erkannt, daß die Äußerungen von beiden Seiten gerechterweise gehört werden müssen. Der Abt von Kempten erklärte sich bereit, daß er, wenn die Vertreter der Stadt etwas vorzubringen hätten, darauf antworten würde, wenn diese nichts vorzubringen hätten, so wolle er seine Klage vorbringen. Dagegen erwiderte der Anwalt der Stadt, daß der Abt in seinem Namen, sowie im Namen seines Konventes, die Klage vorgebracht hat, er aber keine Gewalt des Konventes vorgewiesen habe. Daraufhin ließ der Abt einen Gewaltbrief des Konventes vor Gericht verlesen und begehrte vom Gericht einen redner, warner und loßner, der ihm als einem Reichsfürsten zustehe. Dies wurde ihm stattgegeben. Durch seinen Redner ließ der Abt vorbringen, daß ihm und dem Kloster in allen Dingen durch die Stadt Abbruch getan worden ist und er einige Artikel der Klage erläutern wolle. Darauf erwiderte der Anwalt der Stadt Kempten, daß in dem Brief des Kaisers die Stadt Kempten nicht zu Recht geladen sei. Denn das kaiserliche Schreiben sei nicht nach Form und Gewohnheit der Kanzlei, wie es bei einem Ladebrief üblich ist, gefertigt worden. Es seien darin nicht die drei Intervalle für Gerichtstage enthalten, das Gericht ist nicht mit Richtern und Parteien besetzt, denn von Rechts wegen müssen in jedem Gericht Richter, Kläger und Antworter vorhanden sein. Da dies hier nicht geschehen ist, könne der Abt keine Klage erheben. Außerdem wurde in dem kaiserlichen Brief bestimmt, daß der Abt und die Stadt in den Streitfällen gütlich zu einen sind, was bisher nicht geschehen wäre. Dies wäre nur in zwei Fällen, was die Schule und das ewige Bündnis betreffe2, versucht worden, in allen anderen Fällen nicht. Außerdem wurde damals zwischen Abt Heinrich von Kempten3 und der Stadt vereinbart, daß man bei allen Streitigkeiten Recht vor den Städten Ulm, Ravensburg und Memmingen nehmen solle. Dieser Vertrag wurde später durch Haupt Marschall von Pappenheim und Bodmann, dem kaiserlichen Kommissar4, bestätigt, und nach dem Vertrag wurden von den genannten Städten auch einige Urteile gesprochen. Der Abt solle nach dem genannten Vertrag seine Klage vorbringen. Nun ließ der Abt vorbringen, daß die von Kempten das Verfahren unbillig hinauszögern, die Sache nach ihrem eigenen Vorteil durchführen wollen, da ihnen die Städte mehr geneigt seien als dem Kloster. Trotzdem wäre er durchaus willig gewesen, sein Recht vor diesen Städten zu nehmen, doch wäre dies von der Stadt Kempten verhindert worden. Für den Vorwurf, daß er gegen das Bündnis gehandelt habe, behalte er sich vor, zur gegebenen Zeit Rechtfertigung von ihnen zu fordern. Wenn sie meinen, nicht zu Recht geladen zu sein, so wäre dies gegen die Obrigkeit des Kaisers, da beide Parteien diesem direkt unterstehen. Der Kaiser hätte von sich aus diese Aufforderung ergehen lassen, er hätte auch die Macht dazu und habe nicht gegen das Bündnis gehandelt. Außerdem berühren die Streitfälle auch die Regalien des Klosters, über die die Städte in keinem Fall hätten richten dürfen. Der Abt ließ daraufhin die verschiedenen Briefe, die das Bündnis zwischen Stadt und Kloster beinhalten, vorlesen, wo enthalten ist, daß dieses Bündnis jährlich beschworen werden muß. Er ließ dazu berichten, daß die Stadt Kempten diese Vereinbarung in verschiedenen Artikeln nicht gehalten habe, sondern, obwohl der Abt ihnen bei verschiedenen Kriegen Beistand geleistet hat, sie haben das Kloster, als es von den Eidgenossen beschädigt wurde, die von einem ihrer Bürger geführt worden sind, nicht unterstützt und auch niemandem gestattet, dies zu tun. Sie haben ihre Stadt gesperrt und gegen das Bündnis alles beschädigen lassen. Auch wurde der Bündnisbrief zuzeiten nicht beschworen und doch haben sie vom Kloster jährlich 20 Pfund Heller empfangen, die ihnen einst von einem Abt für den Schutz und guten Willen gegeben wurden5. Auch wurden von der Stadt vormals einige Verschreibungen nicht gehalten, weshalb beide Parteien vor Kaiser Siegmund geladen worden sind. Dort wurden jene Beschwerungen, die die Stadt dem Kloster zugefügt hat, klargestellt, und der Abt ließ auch diesen Gerichtsbrief verlesen6. Auch Kaiser Siegmund wäre durch diese Beschwerung dem Kloster gegenüber bewegt worden, Abt und Konvent dahingehend zu freien, daß das Kloster sein Recht vor dem Kaiser suchen soll. Daher wäre die Stadt dem Abt schuldig, ihm hier vor Gericht zu antworten. Darauf meinte der Anwalt der Stadt Kempten, daß der Abt hier einige Punkte der Anklage vorgebracht habe, um den Schein zu wahren. Sie seien aber in keiner Weise dazu verpflichtet, darauf zu antworten. Wenn einmal eine Antwort gebühre, dann würde sich schon herausstellen, daß die Stadt nichts Ungebührliches getan habe. Er wiederholte nochmals die obigen Ausführungen, daß die Stadt Kempten nicht zu Rechte geladen sei. Außerdem habe niemand das Kloster an seinen Regalien und Lehen behindert, und die Städte würden darüber nicht richten und dies weiterverweisen. Aber es gäbe genügend Artikel, die nicht die Regalien und Lehen betreffen und daher vor diese Städte gehören. Auch fände sich nirgends ein Beleg, daß Kaiser Siegmund diese Verschreibung aufgehoben hätte. Daraufhin ließ der Abt vorbringen, daß die Stadt Kempten ganz bewußt vor dem Recht zu fliehen versuche und dieses kaiserliche Kammergericht für eine gütliche Einigung zuständig wäre. Die Verschreibung behindere die Rechtssprechung des Kaisers in keiner Weise, da er ja nur das Kloster bei seinen Gerechtigkeiten handhabe. Auch hätten beide Parteien nicht Gewalt gehabt, eine Verschreibung zu machen, die Stiftungen, Regalien und Lehen behandle, da diese die Stadt nicht betreffen. Wenn die von Kempten auf seine Klage nicht antworten wollen, und jemand ihre Beweggründe verstehe, so bitte er um eine Erklärung. Daraufhin wurde die Verhandlung bis zum 13. März vertagt. [3] An diesem Tag sind beide Anwälte der Parteien erschienen. Für den Abt Johann von Linstetten, Konventuale des Klosters Kempten, und für die Stadt Berthold Happ, gemeiner Procurator des kaiserlichen Hofes. Der Anwalt des Abtes stellte fest, daß, da beide Parteien eine gütliche Einigung nicht verfolgt hätten, beide Parteien nun im Rechtsverfahren stünden und die Stadt Kempten auf die Klage antworten müsse. Der Anwalt der Stadt verwies auf die Entgegnungen am vorigen Gerichtstag und forderte, daß eine Klage des Abtes nicht zugelassen werden soll. Der Anwalt wiederholte noch einmal alle Gründe dafür, daß dies keine rechtlich und formal korrekte Ladung sei. Dagegen erwiderte der Anwalt des Abtes, daß dieser gegen die Stadt Kempten nur angerufen und nicht geklagt habe. Der Ladebrief sei von kaiserlicher Macht ausgegangen, da es sich um eine Beeinträchtigung der Gerechtigkeiten des Klosters handle. Außerdem wurde durchaus ein Gerichtstag peremptorie bestimmt, damit beide Parteien ihre Rechtfertigung vorbringen könnten. Dagegen erwiderte der Anwalt der Stadt, daß keine Beschwerungen der Stadt gegen das Kloster gefunden werden könnten, und sie nach rechtlicher Ordnung geladen werden möchten. Die Artikel, die in dem Schreiben eine Rechtfertigung verlangen, erfordern eine Ladung, die sich aber im Schreiben des Kaisers nicht finde, das Schreiben gründe sich auf Gütlichkeit. Es wurde daraufhin zu Recht erkannt, daß der Abt in allem gehört werden und die Antwort der Stadt Kempten sofort darauf erfolgen soll. [4] Daraufhin ist der Anwalt des Abtes am 23. April vor dem kaiserlichen Kammergericht erschienen, wo Schaffrid Graf zu Leiningen zu Gericht gesessen ist, und hat gesagt, daß der Abt von Kempten alle strittigen Artikel vorbringen wolle. Daraufhin erwiderte der Anwalt der Stadt, daß der Abt jüngst im Gericht vorgebracht habe, daß er nicht klagen wolle, er auf eine Klage verzichte und daher die Stadt keine Antwort schuldig sei. Daraufhin meinte der Anwalt des Abtes, daß ein Urteil ergangen sei, daß die Stadt antworten müsse und daß unter diesen Umständen dem Abt die Klage zugeteilt werden soll. Es wurde entschieden, daß der Anwalt der Stadt Kempten gehört werden soll, wenn er nichts vorbringe, dann solle dem Abt der Urteilsbrief gegeben werden.

Originaldatierung:
Drewundzwaintzigisten tag des monads Apprilis.
Kanzleivermerke:
KVr: A.m.d.i. (nach Kop.).

Archival History/Literature

Kop.: Kopialbuch 15. Jh. im BayHStA (Sign. KL Kempten M. B. Lit. 46) S. 169-186, Pap.

Footnotes

  1. 1Urkunde von 1463 November 15 vollständig inseriert, vgl. Urkunde H. 2 n. 93.
  2. 2Vgl. den Inhalt obiger Urkunde H. 2 n. 93.
  3. 3Gemeint ist hier Abt Heinrich von Mittelberg (1346-1382), vgl. Germania Benedictina 2, S. 133.
  4. 4Hier ist wohl Hans von Bodmann angesprochen, der seit 1415 Landvogt und Landrichter im Thurgau war, vgl. Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz 2, S. 285.
  5. 5Vgl. zu den Bestimmungen des Vertrages auch Müller, Reichsstädte, S. 313.
  6. 6Die Stadt Kempten war wegen des Streites mit dem Kloster sogar in die Acht gekommen. Siegmund löst sie davon 1433 April 19, RI XI n. 9416. Am 29. Januar 1434 sitzt der Kaiser in dieser Sache zu Gericht, ebenda n. 10006. Weitere Schutzurkunde des Kaisers für das Kloster von 1434 März 9, ebenda n. 10134. Am 28. Juni 1434 bestätigt der Kaiser einen Schiedsspruch von Haupt von Pappenheim in dieser Streitsache, ebenda n. 10547.

Nachträge

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Cite as:

[RI XIII] H. 2 n. 111, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1467-04-23_1_0_13_2_0_9239_111
(Accessed on 28.03.2024).