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RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

Displaying record 106 of 727.

Papst Johannes (VIII.) (1) tadelt die Söhne Ludwigs (des Deutschen), Ludwig (den Jüngeren) und Karl (III.) ([Ludovic]o et Karolo [filiis Lu]dovici), weil diese Kaiser Ludwig (II.) zukommende Teile des Reiches des verstorbenen Kaisers Lothar (I.) in ihrer Macht haben, verweist auf die Reichsteilung Lothars (I.), Ludwigs (des Deutschen) und Karls (des Kahlen) und den Vertrag (von Verdun), demzufolge sie sich verpflichtet hätten, die jeweiligen Reichsgrenzen und amicitia untereinander zu wahren, und zwar nicht nur in Worten, sondern auch durch einen Eid, dessen Niederschrift sie dem Apostolischen Stuhl als Richter und Zeuge (testis et iudex) zugesandt hätten – die nun im päpstlichen Archiv aufbewahrt werde – und wie dies auch durch eine (römische) Synode bekräftigt worden sei; er ermahnt (monemus, hortamur) die Königssöhne, alle okkupierten Teile des Reiches Lothars zurückzugeben, mit der Besetzung aufzuhören und keine Ämter zu vergeben oder irgendeine Macht auszuüben, verbietet (interdicimus) ihnen, ein Bündnis zur Spaltung des besagten Reiches abzuschließen und (2) droht bei Zuwiderhandlung mit der Exkommunikation.

Incipit:
[R]elatum est nobis, quod quasdam ... (Item. Ne tacendo peiuris favere ...)

Archival History/Literature

Orig.: –.

Kop.: –.

Insert: Coll. Brit. (Ende 11./Anf. 12. Jh., London Brit. Lib.: Ms. add. 8873 fol. 130v-131r).

Drucke: Ewald, Brit. Sammlung 310 n. 38; MG Epist. VII 297f. n. 41.

Reg.: JE 3000.

Lit.: Dümmler, Ostfränk. Reich II2 355; Arnaldi, Giovanni Immonide 47; Schlesinger, Erhebung Karls des Kahlen 455; Fried, Laienadel und Papst 368; Arnaldi, Natale 875 88; Bougard, Petitor et medius 331 mit Anm. 118.

Commentary

Die beiden Fragmente des Papstbriefs sind ausschließlich in der Coll. Brit. überliefert. Zu dieser Sammlung und ihrer Entstehungszeit vgl. Herbers, Leo 63-72, Kéry, Canonical collections 237f., Jasper, Beginning 128 und Fowler-Magerl, Clavis Canonum 184-187. Ewald (JE) und Böhmer-Mühlbacher2 n. 1504b haben die Königssöhne fälschlich als Ludwig den Deutschen und Karl den Kahlen identifiziert. Daß aber Ludwig der Jüngere und Karl III. gemeint sind, ergibt sich aus der Nennung Ludwigs (des Deutschen) als genitor beider Adressaten im Zusammenhang mit dem Vertrag von Verdun (843). Durch den Vertrag von Meerssen 870 nach dem Tod Lothars II. waren Teile des Reiches Lothars I. an Ludwig den Deutschen gefallen (Böhmer-Mühlbacher2 n. 1480), zum Hintergrund vgl. Dümmler 297-300. Bereits Hadrian II. bezeugt die Kenntnis des Eides, dessen Niederschrift sich Johannes VIII. zufolge im päpstlichen Archiv befand, vgl. JE 2926 sowie Bougard. Die Synode, auf der der Vertrag von Verdun bekräftigt worden sein soll, ist nicht zu bestimmen. Kurz nach Ostern 873 hatte Ludwig der Deutsche seinen beiden jüngeren Söhnen mehr Kompetenzen zugesprochen, woraufhin beide Amtshandlungen in Lotharinigien ausgeübt hatten, vgl. Dümmler. Dies führte (vielleicht infolge einer Beschwerde Ludwigs II.) zum Mahnschreiben des Papstes, so daß dieses wohl frühestens 874, spätestens aber im August 875 (Tod Ludwigs II.) abgefaßt worden sein dürfte (zur Skepsis gegenüber der Datierung Ewalds vgl. n. 13).

Nachträge

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Cite as:

RI I,4,3 n. 106, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/dd2b1d59-b647-4f29-b6eb-51c298d5223e
(Accessed on 29.03.2024).