RI Database - 201.916 fulltext records

RI I Karolinger 715-918 (926/962) - RI I,4,3

Displaying record 414 of 727.

Papst Johannes (VIII.) erinnert Erzbischof Liutbert (von Mainz) (reverentissimo et sanctissimo confratri nostro Liutberto archiepiscopo) daran, ihn vergebens dazu ermahnt zu haben, die Güter des (Grafen) Boso und (seiner Gemahlin) Ingiltrud ihren gemeinsamen Töchtern, die sich öfter beim Papst beschwert hätten (vgl. n. 126), zurückzugeben (n. 128), denn die ehelichen Kinder seien die wahren Erben, und befiehlt erneut (iterumque hortantes monemus apostolicaque auctoritate expresse iubemus), Liutbert solle die Töchter sowie deren Ehemänner und Leute mit den Besitzungen investieren und mögliche Angreifer mit Hinweis auf die päpstliche Exkommunikation ermahnen und gegebenenfalls exkommunizieren, auch den Bastarden Gottfried, falls dieser nicht die ihm von Ingiltrud eigenmächtig übertragenen Güter zurückgebe, da Papst Johannes (II.) und Kaiser Justinian (I.) zufolge uneheliche Kinder als unwürdig zu gelten hätten; er solle fortfahren zu ermahnen (semper monere) und allem nachkommen, andernfalls würde er durch kanonisches Urteil (canonica censura) verurteilt.

Originaldatierung:
Data ut supra.
Incipit:
Fraternitatem tuam recordari volumus, qualiter ...

Archival History/Literature

Orig.: –.

Kop.: 11. Jh., Rom Arch. Vat.: Reg. Vat. I fol. 58r; 16. Jh., Rom Arch. Vat.: Arm. XXXI, t. 1 fol. 105r.

Drucke: Carafa, Epist. III 377; Conc. coll. reg. XXIV 137; Labbe-Cossart, Conc. IX 85; Mansi, Coll. XVII 88f.; Migne, PL CXXVI 786f.; MG Epist. VII 114f. n. 129; Stimming, Mainzer UB 96 n. 162.

Reg.: J 2391; Böhmer-Will, Mainzer Reg. 79 n. 38; JE 3167; GP IV 68 n. 42.

Lit.: Ewald, Brit. Sammlung 296f.; Parisot, Lorraine 418f. Anm. 5, 501; Caspar, Register Johanns 135-137; Engelmann, Legaten 84; Hlawitschka, Franken 162, 168f. Anm. 68; Hlawitschka, Anfänge des Hauses Habsburg-Lothringen 159; Gorla, L'arcivescovo Ansperto 57f.; Staab, Gesellschaft am Mittelrhein 442f.; Heidecker, Kerk 150 Anm. 112; Bougard, Divorce 47; Kasten, "Uneheliche" Karolinger 32; Esmyol, Geliebte oder Ehefrau 180; Scholz, Politik 232f.

Commentary

Der Brief ist nur in den zitierten Registerabschriften überliefert, vgl. zu diesen Caspar 85-99 und Lohrmann, Register Johannes 5-156. Möglicherweise spielt ein Brief Hinkmars von Reims an Liutbert von Mainz, der aufgrund eines Gesprächs Hinkmars mit Johannes VIII. in Troyes entstanden sein soll (vgl. n. 411) und Liutbert zu einer wohlwollenden Aufnahme des Papstbriefs aufruft, hierauf an, vgl. Flodoard von Reims, Hist. III 21 (MG SS XXXVI 272), wie Caspar, MG Epist. VII 114 n. 129 Anm. 7 annimmt. Allerdings könnte der von Flodoard erwähnte Papstbrief auch mit n. 415 zu identifizieren sein, vgl. zu dieser Diskussion n. 411. Die vorher an Liutbert ergangene Ermahnung, den Töchtern des Boso ihre Besitztümer zurückzugeben, ist nicht überliefert (vgl. n. 128). Erhalten ist ein fragmentarisch überlieferter Brief von Papst Johannes VIII. an den Bischof von Mainz (n. 72) mit dem Hinweis, daß Ingiltrud mit dem Anathem belegt worden sei. Das Deperditum gehörte allerdings wohl nicht ursprünglich zu dem Brief, aus dem das Fragment stammt, vgl. n. 128. Zur Identität des Grafen Boso und zum Ehebruch seiner Gemahlin Ingiltrud vgl. n. 412. Johannes VIII. verweist hier wie in n. 412 auf Papst Johannes (II.) und Kaiser Justinian, denen zufolge uneheliche Kinder unwürdig seien (und somit von der Erbschaft auszuschließen seien), vgl. hierzu den Kommentar zu n. 412. Zu den Argumenten, warum man den Töchtern die Besitztümer zurückgeben solle, vgl. ibid. Der Bastard namens Gottfried ist wohl ein Sohn Ingiltruds aus ihrer Verbindung mit dem Vasallen Wangar, wegen der sie von Nikolaus I. exkommuniziert und mit dem Anathem belegt worden war (vgl. Böhmer-Herbers n. 537 und 670). Die Güter des Boso und der Ingiltrud lagen sicher im Reichsteil Ludwigs des Jüngeren, wie n. 412 bestätigt, wahrscheinlich im Mainzer Sprengel, wie der vorliegende Brief nahe legt, vgl. Hlawitschka, Franken 162. Im Brief Johannes' VIII. an Bischof Willibert von Köln (n. 652) wird ebenfalls auf die Ehebrecherin Ingiltrud Bezug genommen. Sachlich und zeitlich hängt der an Liutbert gerichtete Mahnbrief mit n. 412 und n. 413 zusammen. Er ist nicht mit JE in die Monate Juni–Juli zu datieren, sondern mit Caspar, Register 135-137 in den Monat August. Zu einer Präzisierung der Datierung auf Mitte August vgl. außerdem n. 412. Zur mit dem Data ut supra verbundenen Problematik vgl. Caspar, Register Johanns 127-132 und Lohrmann, Register Johannes 178f.

Nachträge

Submit an addendum
Submit
Cite as:

RI I,4,3 n. 414, in: Regesta Imperii Online,
URI: http://www.regesta-imperii.de/id/abe6bd4e-3f39-4f8d-91d7-747b9755f542
(Accessed on 28.03.2024).